Panettone – ein Kuchen voller Symbole

Liebe Freundinnen von Welt,

noch gerade rechtzeitig zur Weihnachtszeit kommt hier der Panettone auf den Teller. Zwischen Hype und Tradition, Geschenk und Genuss: Worum geht es bei dem traditionellen italienischen Weihnachtsgebäck? Ein Treffen mit Meisterbäcker Iginio Massari auf der Costa Smeralda gibt Aufschluss. Ein Rezept hat er auch mitgebracht – wer wagt sich daran?

fragt: Kirsten, Freundin von Welt

Inhaltsverzeichnis

“Wir möchten dem Panettone geistig begegnen”

"Panettone senza Confini" an Bord der Costa Smeralda: Meisterbäcker Iginio Massari zeigt auf einen Panettone
Meisterbäcker Iginio Massari

Der Meisterbäcker steht dort vorne in seinem blauen Anzug, der hervorragend zum silbergrauen Haar passt. Er sieht kein bisschen bäckermäßig aus, eher schmal, nicht besonders groß, ein bisschen verschmitzt lächelnd. Iginio Massari. Die Back-Bloggerinnen neben mir sind kurz davor, auf die Knie zu fallen.
Wir sind im Lab Restaurant an Bord der Costa Smeralda. Und es wird süß. Das Kreuzfahrtschiff ist Austragungsort des Wettbewerbs „Panettone senza Confini“ – Panettone ohne Grenzen. Meister der Backkunst aus ganz Italien treten gegeneinander an.
Iginio Massari ist sozusagen der hundertfach ausgezeichnete Großmeister, bei dem auch Riccardo Bellaera, Pastry-Chef von Costa, gelernt hat. (Riccardo Bellaera gibt einen Dessertworkshop, bei dem er uns zeigt, wie man wahnsinnig komplizierte süße Kunstwerke zubereitet, das ist aber eine eigene Geschichte.)
Wenn Massari beginnt, über Backwaren zu sprechen, dann funkeln seine Augen. Leider spricht er nur Italienisch, ich bin auf die Übersetzung von Hanja angewiesen.
Ihm fällt auch gleich ein deutsches Gebäck ein: Baumkuchen findet Massari toll. Der sei so traditionell und modern zugleich. “Wussten Sie, dass der gerade in Japan gehypt wird?”
Ebenso wie Panettone.
Wer kennt ihn nicht, den berühmten Kuchen mit der Kuppel, der in Italien zur Weihnachtszeit gegessen wird? In den Geschäften stapeln sich die bunten Pappschachteln.
„Panettone ist voller Symbole“, so Massari.
Der Meister erzählt etwas zur Geschichte: Der Kuchen wurde im 14. Jahrhundert erfunden und taucht zum ersten Mal in Stilleben der Brügge-Maler um 1500 auf. Es sei schwierig, konkrete Daten zu finden. Man sagt, dass im antiken Griechenland bereits mit süßen Früchten gebacken wurde. „Aber wenn die Italiener das hören, dann erschießen sie mich.“, so Massari. Der – ofizielle – Ursprungsort des Panettone soll Mailand sein.
Außerhalb Italiens, so Massari, sind die Deutschen am willigsten, sich auf Panettone einzulassen. Die Japaner forschen am Panettone, „aber die haben vielleicht den falschen Ansatz“, meint Massari. Wenn es um den Wettbewerb geht, wird er philosophisch: „Beim Event „Panettone ohne Grenzen“: es geht um den mentalen Weg und wie wir ihn gehen. Wir möchten dem Panettone geistig begegnen, er wird zur Diskussionsgrundlage.“

Die richtigen Zutaten für Liebe, Reichtum und ein langes Leben

"Panettone senza Confini" an Bord der Costa Smeralda: Meisterbäcker Iginio Massari hält ein Stück  Panettone
Meisterbäcker Iginio Massari

Warum ist der Panettone ein so beliebtes Geschenk?
“Als der Panettone entwickelt wurde, waren 90 Prozent der Menschen Analphabeten. Der Panettone repräsentierte einen Gedanken. Wenn man ihn weiterreicht, gibt er Geld, Segen und Wertschätzung.
Dabei sind die Zutaten wichtig:
Orangeat zeigt die Liebe
Zitronat die Ewigkeit
Rosinen stehen für Reichtum
Wer einen Panettone verschenkt, schenkt auch Reichtum, Liebe und ein langes Leben.”
“Wenn ich einen Panettone geschenkt bekomme, darf ich ihn dann essen? Und wer bekommt den Reichtum?”, frage ich.
Der Meister reagiert verwirrt. Was sind das überhaupt für Fragen? Hanja übersetzt seine Antwort: „Wenn ich einen Panettone verschenke, bekomme ich die Zufriedenheit und der Beschenkte bekommt die Liebe. Beide haben etwas davon, wenn das Geschenk ehrlich gemeint ist.“ Er mahnt zu Vorsicht: „Frauen haben mehr Hintergedanken, wenn sie Dinge verschenken. Oft ist Ironie im Spiel und schwuppdiwupp ist alles im Eimer.“
Und essen soll man ihn natürlich. Massari lässt Stücke von dem Panettone verteilen, den er mitgebracht hat: „Alle können vom Panettone nehmen, alle wünschen sich einen Teil, denn Schönheit kann man nie genug haben.“
Um einen guten Panettone zu backen, braucht man Kompetenz, Wissen. Und natürlich die richtigen Zutaten. Mehl und Wasser, das ist die alte Herstellungsweise. Klassisch hergestellte Panettone halten bis zu 40 Tage.
Von dem, den Massari mitgebracht hat, bleibt nach ein paar Minuten kein Krümelchen mehr übrig. Da wussten wir noch nichts von dem italienischen Brauch, eine Scheibe Panettone erst am 3. Februar zu essen. Laut katholischem Kalender ist das der Tag des Heiligen Blasius, der im Winter vor Halserkrankungen schützen soll.
Also schnell noch einen Panettone backen. Costa Pastry-Chef Riccardo Bellaera stellt uns dafür sein Rezept zur Verfügung. Obwohl: Schnell geht das natürlich nicht. Zwei Tage sollte man einplanen, mindestens.
Wer einen Panettone direkt beim Meister Massari bestellen möchte, wird hier fündig: iginiomassari.it

Mehr zu Panettone und dem Wettbewerb bei Tanja auf ihrem “Vielweib on Tour”-Blog: vielweib.de/panettone-weihnachtsgebaeck-italien/

Panettone-Rezept von Riccardo Bellaera

Ursprünglich stammt dieses Rezept von seinem Meister Iginio Massari – und schon das Lesen ist eine wahre Herausforderung. Viel Erfolg beim Backen – wer sich traut …

"Panettone senza Confini" an Bord der Costa Smeralda: Meisterbäcker Iginio Massari hebt die Hände
Ob mir das Rezept gelingt? Meisterbäcker Massari ist sich da nicht so sicher.

Grundteig
 
Zutaten:
450g Sauerteig
1330g Manitoba-Mehl Typ W340/390
400g Vanille-Puderzucker
330g Butter
665g Wasser
400g Eigelb
 
Zubereitung:

BEGINN MORGENS (erster Tag)

  • Den Sauerteig zweimal am Tag im Abstand von 3 – 3 ½ Stunden auffrischen.
    BEGINN DER PRODUKTION CA. 16:00
  • Mehl, 22-24 °C warmes Wasser und Zucker in die Knetmaschine mit Knethaken geben und etwa
    16 Minuten kneten.
  • Sobald der Teig teilweise geformt ist, die weiche Butter, den Sauerteig und das Eigelb hinzufügen. Den Teig kneten, bis er glatt ist, wobei darauf zu achten ist, dass er nicht zu sehr glänzt, d. h. nicht überarbeitet wird (nicht mehr als 25 Minuten). Der Teig ist fertig, wenn er beginnt, große Luftblasen an der Oberfläche zu bilden.
  • Den Teig 15 Stunden lang bei einer Temperatur von rund 16 °C gehen lassen, bis er sein Volumen verdreifacht hat. Um auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, einen Messbehälter (oder eine Markierung) zu verwenden, um das richtige Volumen zu ermitteln.
    Anmerkung: Wenn der Teig nicht gut aufgegangen ist, verzögert sich das nächste Aufgehen um das Dreifache der Zeit, die der Teig nicht ruhen konnte. Wenn also der erste Teig eine Stunde vor Erreichen des dreifachen Volumens geknetet wird, muss das Endprodukt drei Stunden länger ruhen.
     
    Endteig
     
    Zutaten:
    330g Manitoba-Mehl Typ W340/390
    430g Eigelb
    330g Puderzucker, Vanille
    80g Akazienhonig
    500g Butter (300 g cremig, 200 g geschmolzen)
    25g Salz
    250 ml Wasser
    665g Rosinen
    500g Orangeat
    130g Zitronat
    3 Vanilleschoten
    2 geriebene Zitronen
    2 geriebene Orangen
    50g Agrimontana-Zitronenpaste
     
    Zubereitung
  1. TAG, START VORMITTAGS
  • Den aufgegangenen Teig mit dem dreifachen Volumen in die Knetmaschine geben, das Mehl und die Gewürze hinzufügen und für 13 Minuten zu einem glatten Teig kneten.
  • Zucker, Honig und die Hälfte des Eigelbs hinzugeben, alles einarbeiten und kneten bis ein glatter, homogener Teig entstanden ist.
  • Das Salz mit einem Viertel des Eigelbs hinzufügen und den Teig erneut kneten.
  • Die Butter, das restliche Eigelb und das gesamte Wasser hinzugeben und darauf achten, dass die richtige Konsistenz erreicht wird.
  • 200g geschmolzene Butter mit den Früchten mischen und in den Teig geben. 3-4 Minuten weiterkneten, bis die Früchte gleichmäßig verteilt sind. Anmerkung: Der gesamte Vorgang sollte in einer Knetmaschine mit Knethaken durchgeführt werden und nicht länger als 40 Minuten dauern.
  • Den Teig auf eine gebutterte Arbeitsfläche legen und einfalten.
  • Formen Sie 1kg schwere Stücke zu Laiben und legen Sie diese für 60 Minuten bei ca. 21 °C in einen Gärschrank.
  • Anschließend den Teig auf der gebutterten Arbeitsfläche erneut rund und fest formen und in die Kastenform legen.
  • Aus dem übrig gebliebenen Teig 80g-Stücke ausstechen und in Muffinformen für 25 Minuten bei 170°C backen.
  • Bei 11°C bis zum nächsten Morgen ruhen lassen.
     
    IM CUTTER
  • Alle trockenen Zutaten des Rezepts zerkleinern und über Nacht einweichen lassen.
  • Das Ei trennen und das Eiweiß im Kühlschrank beiseitestellen.
     
    AM NÄCHSTEN MORGEN
    Den Panettone aus dem Kühlschrank nehmen und bei Raumtemperatur aufgehen lassen, dann für 4½ Stunden bei 28°C und 75% Luftfeuchtigkeit in den Gärraum bringen.
     
    IM CUTTER
  • Den Eischnee vermengen. Die Konsistenz des Zuckergusses sollte der eines Macarons ähneln, nur etwas flüssiger.
  • In einen Spritzbeutel mit breiter, flacher Tülle füllen und die Panettone-Törtchen damit glasieren. Anmerkung: Für den PANETTONE MILANESE mit einer Rasierklinge oder einem Skalpell ein kreuzförmiges Muster ausschneiden und in der Mitte ein Stückchen Butter hinzufügen.
    Die Ofentemperatur sollte während des Backens um 10°C erhöht werden. Nach 5 Minuten werden die vier Ecken, die durch den Querschnitt entstanden sind, angehoben (dieser Vorgang wird als Scarpare bezeichnet) und der Backvorgang wird fortgesetzt.
    Mit rohen Mandeln und Streuseln garnieren.
  • Lassen Sie den Panettone vor dem Backen 15 Minuten lang bei 4 °C im Kühlschrank ruhen.
  • Bei Umluft im Ofen bei 175 °C 45 Minuten backen und dann die Temperatur für 15 Minuten auf 160 °C reduzieren. Während des Backens sollte das Gebläse in den ersten 15 Minuten auf 3, danach auf 2 gestellt werden.
    Anmerkung: Ein Panettone erreicht nach dem Backen das fünffache seines ursprünglichen Volumens, je nachdem, wie viel Obst dem Teig hinzugefügt wurde.
  • Nach dem Backen wird der Panettone 12-14 Stunden lang auf den Kopf gestellt, um abzukühlen und sich zu stabilisieren.
  • Sie sollten in geeigneten Beuteln verpackt und versiegelt werden, wobei darauf zu achten ist, dass keine Luft eindringen kann, da dies die Alterung beschleunigen würde.
     
    Die Amaretto Glasur
    Zutaten:
    250g Mandeln
    83g Armellinas
    166g ganze Haselnüsse Agrimontana
    665g Zucker
    30g Kakao
    100g Maismehl
    280g Eiklar
    Zubereitung
  • Alles im Mixer fein zerkleinern, dann das Eiweiß hinzufügen oder, nachdem alle trockenen Zutaten zu einem Pulver zerkleinert wurden, in einer Küchenmaschine mit einem Schneebesen bei mittlerer Geschwindigkeit verrühren (in der Küchenmaschine erhält man eine bessere Glasur und es erspart Zeit).
    Anmerkung: Wenn die Glasur nach dem Backen zu hart ist und der Panettone zum Festwerden auf den Kopf gestellt wird, löst sich die Glasur von der Oberfläche des Kuchens. Wenn der Zuckerguss zu weich ist, wird der Panettone in der Auflaufform nass und etwa 8-10 Tage nach dem Backen kann er schimmlig werden. Mit Amaretto-Glasur gebackener Panettone entwickelt sich stärker, weil er eine Dampfbarriere bildet und das Volumen des Kuchens durch den entstehenden Dampf vergrößert.
     
    Tipps:
    Um einen Sauerteig dieser Qualität herzustellen, braucht man eine gereifte Hefe, d.h. eine Hefe, die richtig aufgegangen ist: Vier aufeinanderfolgende Auffrischungen von je 4 Stunden bei einer Temperatur von 26-28 °C.
    Anmerkung: Hefeteige, die zu gering dosiert sind, neigen dazu, schwieriger aufzugehen, was die Zeit verlängert und eine um ein oder zwei Grad höhere Temperatur erfordert, d. h. 28-30 °C. In vielen Fällen ist die Verlangsamung oder Vorwegnahme der Teigentwicklung (Grundteig) auf die geringe oder große Menge an Hefe im Teig zurückzuführen. Große Hefemengen führen zu leichteren Teigen mit kürzeren Gärzeiten, aber das Produkt trocknet schnell aus und bleibt weniger weich und duftend. Mit wenig Hefe lässt sich ein außerordentlich guter Teig herstellen, aber wenn die Hefe nicht perfekt ist, sind mehrere Stunden des Aufgehens erforderlich. Außerdem neigen diese Produkte dazu, sauer zu werden, was die Herstellung des zweiten Teiges sehr schwierig macht. Diese Probleme sind häufig vor allem auf das Mehl zurückzuführen, die in Bezug auf Menge und Gluten Resistenz immer stärker werden. Der Zucker wird zu schnell verbraucht, was zu zahlreichen Nachteilen bei den Endprodukten führt.
    Vorsicht: Wenn der Sauerteig nicht die richtigen Eigenschaften in Bezug auf den pH-Wert und den Gesamtsäuregehalt aufweist und schlecht gepflegt wird, ist das Endergebnis oft nicht zufriedenstellend und verursacht Probleme bei der Konservierung.

Offenlegung: Zu der Pressereise auf der Costa Smeralda wurde ich von Costa Kreuzfahrten eingeladen. An Bord gabe es nicht nur einen Dessertworkshop, sondern auch einen Foto-Workshop mit zwei Sony-Spezialisten. Fotografiert habe ich mit der ZV-E10. Und, ja, der Workshop fand erst nach den Aufnahmen statt, die Ihr oben seht.

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