Liebe Freundinnen von Welt,
ins Land der Träume abtauchen und am nächsten Morgen in einer fremden Stadt aufwachen: Die Nachtzüge in Europa machen es möglich! Habt Ihr schon von den neuen Mini-Cabins in den ÖBB-Nightjets gehört? Wer mit dem Nachtzug von Hamburg nach Wien fährt, genießt darin etwas Privatsphäre und fühlt sich im Idealfall wie in einem Kokon. Oder wie in einem Sarkophag. Der Freund der Freundin von Welt hat es für Euch ausprobiert.
Eure Kirsten, Freundin von Welt
Inhaltsverzeichnis
- Wer braucht schon Platz, wenn man Abenteuer haben kann?
- Erster Eindruck: Sardine trifft High-Tech
- Design und Ausstattung: Futuristisch funktional
- Akustik und Klima: Ein Hauch von Sahara
- Die Reise: Wie man in einem Schuhkarton schläft
- Schlafkampftechniken
- Wir schlafen im Liegen. Oder etwa nicht?
- Flüstern und Nähe: Ein akustisches Abenteuer in der Mini-Cabin
- Zimmerservice auf Schienen: Cocktails im Liegen
- Fazit: Für wen ist diese Sardinenbüchse?
- Vorteile der Mini-Cabin im ÖBB Nightjet
- Nachteile der Mini-Cabin im ÖBB Nightjet
- Wohin soll die Reise gehen? Das nächtliche Spinnennetz der ÖBB: Neue Horizonte in Europa
- Neueste Blogbeiträge:
Wer braucht schon Platz, wenn man Abenteuer haben kann?
Steigt mit mir – dem Freund der Freundin von Welt – in den Mikrokosmos der Mini-Cabin, einem neuen Nachtzugquartier, das eher an eine Raumkapsel als an ein Schlafzimmer erinnert. Hier ist meine Geschichte von einer Nacht auf Schienen, eingepfercht in etwas, das die Größe eines fortgeschrittenen Sarkophags hat, aber dennoch seinen Charme entfaltet.
Erster Eindruck: Sardine trifft High-Tech
Die Mini-Cabin präsentiert sich als der Traum eines jeden Minimalisten – oder der Albtraum eines Platzliebhabers. Mit Abmessungen, die für mich – 1,95 m lang – eine Herausforderung darstellen könnten. Die erste Hürde: mit den eigenen akrobatische Fähigkeiten in die obere Cabin zu kommen. Füße oder Kopf zuerst? Der Kopf liegt am Fenster, also rauf auf die drei Stufen, den Handgriff umschlungen und mit einer geschickten Drehung auf die Matratze setzen.
Diese ist angenehm fest. Dann die Beine anziehen und sich langsam zurückschieben. Geht. Aber was ist mit den Schuhen? Diese haben ein eigenes Fach, das nur außen zugänglich ist. Wieder nach vorne rutschen, Schuhe aus, rein ins Fach, Klappe zu. Schon fühlt es sich wohnlich an, in den Socken die neue Wohnwelt zu erkunden. Dabei hilft Yoga, ist aber keine Vorausetzung. Diese MiniCabin kommt mit allem, was das Herz eines modernen Einsiedlers begehrt.
Eingang zur Mini-Cabin
Gestapelt: zwei Schlaf-Waben liegen übereinander
Ein Zimmer für mich
Blick in die Mini-Cabin
Design und Ausstattung: Futuristisch funktional
Eine Chipkarte öffnet die Mini-Cabin und auch das gesonderte, vom Gang aus zugängliche Gepäck- und Schuhfach. Die Inneneinrichtung: Schlicht, multifunktional und magisch platzsparend. Der Spiegel lässt sich herunterklappen und wird zum verschiebbaren Tisch. Die Polsterung der Liegefläche ist grauer Filz und fühlt sich schön fest an.
Das Licht im Inneren der Kabine lässt sich in Farbe und Helligkeit anpassen, perfekt für jede Stimmung, von „Ich bin eingesperrt – kann mal jemand das Putzlicht ausmachen!“ bis „Ach, wie gemütlich!“ Ein sanfter Touch und alles leuchtet. Das rote Licht ist sehr angenehm. Was aber richtig nervt: das Piepen bei jedem Drücken des Bedienfeldes. Heller – piep, andere Farbe – piep, lieber wieder dunkler – piep. Als Leselicht gibt es nur Punktstrahler und die sind mir zu hell.
Steckdose und USB sind vorbildlich, sogar an eine kabellose Induktionslademöglichkeit wurde gedacht.
Eine Anzeige informiert, ob WC oder Waschraum belegt sind, das erspart unnötige Wege. Beim Verlassen der Mini-Cabin: Chipkarte mitnehmen!
Akustik und Klima: Ein Hauch von Sahara
Die Wände haben die Schalldämmung eines Flüstervorhangs. Das Schnarchen aus der Nachbarkabine lässt sich hervorragend als natürlicher Wecker nutzen. Die Luft ist ziemlich trocken, der mitgebrachte Reisekaktus fühlt sich wohl. Aber keine Sorge, eine 0,5l Wasserflasche ist inklusive, das sichert das Überleben.
Die Reise: Wie man in einem Schuhkarton schläft
Ganz nah
Zwei Kabinen lassen sich per Schiebetürchen verbinden
Keycard
Wie im Hotel: die Cabin wird mit Karte geöffnet
Schlafkampftechniken
Das wahre Highlight der Nacht ist das Einnehmen der Schlafposition. Für alle über 1,85 m: Vorher etwas Yoga praktizieren. Ob Kopf oder Füße, etwas muss gefaltet werden. Und wenn ihr euch jemals gefragt habt, ob ihr diagonal schlafen könnt – hier findet ihr es heraus.
Das Umziehen in der Mini-Cabin ist eine Turnübung für sich, geht aber. Wer schon einmal die Gelegenheit hatte, sich in einem Trekkingzelt umzuziehen, erlebt eine angenehme Überraschung. Die Wände der Schlafkabine sind senkrecht und nicht schräg wie bei einem Zelt, was bedeutet, dass man tatsächlich Platz nach oben hat – ein kleiner, aber feiner Luxus.
Wir schlafen im Liegen. Oder etwa nicht?
Hier die Tipps, wie man sich in der Mini-Cabin bettet, wenn man eigentlich zu lang dafür ist:
- Kopf hoch! Nutze alles, was du hast – Tasche, Jacke, Kleidersack – und stapele es unter deinem Kopf und Oberkörper. So verwandelst du deine Kabine in eine Art improvisiertes Liegestuhl-Paradies.
- Füße hoch! Das gleiche Prinzip wie beim Kopf: Lege alles unter Füße und/oder Beine. Ideal nach einem langen Fußweg durch den Bahnhof oder die Stadt und so venenfreundlich. Für die Mutigen: Leg die Unterschenkel auf dem Tisch ab. Nicht konventionell, aber effektiv.
- Diagonal denken. Manövriere dich so weit wie möglich in eine Ecke. Diese paar gewonnenen Zentimeter sind Gold wert.
- Beine anziehen. Wenn alles andere fehlschlägt, gehe in die Embryonalstellung. Nicht nur gut für den Seelenfrieden, sondern auch eine praktische Lösung, um in der Mini-Cabin zu schlafen!
Ausblick
Im Liegen durch das kleine Cabin-Fenster sehen
Frühstück
bei geöffneter Tür zum Gang
Flüstern und Nähe: Ein akustisches Abenteuer in der Mini-Cabin
Die Kabine bietet optisch zwar Privatsphäre, akustisch allerdings nur bedingt. Das Schiebefenster zur Nachbarkabine ist, nun ja, ein Rollladen mit etwas Dämmung an den Rändern. Das ist großartig, wenn man Gesellschaft mag, nicht so toll, wenn der Nachbar entscheidet, dass jetzt der beste Zeitpunkt für einen Horrorfilm oder die laute Diskussion mit der Familie ist. Und die Kopfhörer vergessen hat.
Wer lieber zu zweit durch die Nacht reist, kann die Mini-Cabins auf gleicher Ebene durch die Öffnung der kleinen Schiebetür verbinden. Blick- und Kusskontakt ist möglich – mehr Romantik muss aber wohl auf die Zeit nach der Ankunft verschoben werden.
Zimmerservice auf Schienen: Cocktails im Liegen
Eine der unerwarteten Freuden in dieser minimalistischen Unterkunft ist der Roomservice. Trotz der beengten Verhältnisse muss man nicht auf kleine Luxusmomente verzichten. Der Aperol Spritz wird direkt ans Bett geliefert. Der perfekte Sundowner, ohne auch nur einen Fuß vor die Tür setzen zu müssen. Wer den Sonnenuntergang sehen möchte, muss allerdings die Schiebetür zum Gang (und Fenster) offen lassen. Oder im Liegen trinken, denn nur so ist das Cabin-Fenster auf Augenhöhe. Ein Toast auf das kleine Glück in der engen Kabine! Danach wiegt mich das sanfte Schaukeln des Zuges in einen wunderbar beruhigenden Schlaf.
Fazit: Für wen ist diese Sardinenbüchse?
Die ÖBB Mini-Cabin mag auf den ersten Blick wie eine Herausforderung erscheinen, besonders für diejenigen, die Wert auf Raum und Ruhe legen.
Das leichte Schaukeln des Zuges fördert einen entspannten Schlaf und das clevere Design maximiert jeden Zentimeter Raum. Ideal für abenteuerlustige Soloreisende, die eine kosteneffiziente und umweltfreundliche Reiseoption suchen. Die Mini-Cabin bietet eine einzigartige Möglichkeit, die Nacht auf Schienen zu verbringen.
Vorteile der Mini-Cabin im ÖBB Nightjet
- Privatsphäre, wenn auch auf Sparflamme
- Spitzentechnologie auf kleinstem Raum. Besonders hervorhebn möchte ich den wirklich gut designte Tisch. An dem würde ich sogar eine Weile am Laptop arbeiten können (ja, WLAN gibts auch und funktionierte gut).
- Der Preis macht’s wett – wenn man früh genug bucht. Mein Preis für die Strecke Hamburg Wien waren 99 Euro. Schlaf-Sitzplätze gibt es noch günstiger.
- Vorteil für Allein-Reisende: Keine fremden Menschen im Schlafzimmer. Alternativ könnt ihr euch eine Vierer-Kabine mit drei anderen Personen (vorher: Fremden) teilen. Kann ja auch lustig sein.
- Gute Matratze, Frühstück inklusive, aussteigen am Ziel und sofort die Stadt zu Fuß erkunden – der Körper freut sich nach der Nacht über Bewegung.
Nachteile der Mini-Cabin im ÖBB Nightjet
- Wer sich in engen Räumen unwohl fühlt, ist hier falsch
- Akustische Privatsphäre ist mehr Wunsch als Wirklichkeit
- Lichtsteuerung piept
- Trockene Luft fordert die Überlebenskünstler heraus
Ruhekissen
schön kuschelig
Speisekarte
Darf es ein Aperol Spritz sein?
Wohin soll die Reise gehen? Das nächtliche Spinnennetz der ÖBB: Neue Horizonte in Europa
Das Nachtnetz der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) spinnt seine Fäden mittlerweile weit über die Alpen hinaus und verknüpft europäische Metropolen wie Berlin, Wien, München, Rom, Paris und Zürich in einem Netz. Frische Routen ziehen nun auch nach Venedig und Genua, weitere Fäden werden nach und nach ins Netz gewebt.
Die ÖBB bieten neue Nightjet-Verbindungen von Berlin nach Paris und Brüssel. Diese Linien, die zunächst wie schüchterne Wochenendbeziehungen nur dreimal wöchentlich starten, sollen ab Oktober 2024 in eine vollwertige, tägliche Romanze übergehen, wodurch Berlin praktisch zum Nachtzug-Hotspot wird. Auch die neueste Liebeslinie von München über Wien nach Warschau sorgt für Herzklopfen.
Die ÖBB, niemals müde, träumen groß von einer nächtlichen Revolution: 33 brandneue Nightjets sind bestellt, vollgepackt mit Annehmlichkeiten wie Lounge-Sitzen und Schlafkojen, die mehr Bequemlichkeit versprechen als das heimische Sofa. Die ersten dieser Nightjets im neuen Design sind nun – wie beschrieben – auf den Strecken Hamburg-Wien und Hamburg-Innsbruck unterwegs, und bis Ende 2024 sollen sie auch durch weitere Teile Österreichs, Deutschlands und Italiens gleiten.
Eine Reservierung ist im Nightjet erforderlich, ganz gleich, welche Schlafoption gebucht wird. Zum ÖBB Nightjet: nightjet.com
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