Liebe Freundinnen von Welt,
Essen in China – das ist eine helle Freude, „des Volkes Himmelreich“, wie ein altes Sprichwort besagt. Essen ist sehr wichtig. Aber nicht ohne Tücken.
Ran an die Stäbchen!
Eure Kirsten, Freundin von Welt
Frühstücksbuffet
Spannendes auf der Kelle
Aha!
Das Schild auf dem Buffet verrät, was es gibt
Inhaltsverzeichnis
- Essen in China: Warm muss es sein!
- Nudelsuppe zum Frühstück
- Mit Stäbchen essen
- Das Essens-Karussell: Die Tücken der Drehscheibe
- Der Reis kommt zuletzt
- Was essen wir da eigentlich?
- Tischmanieren: Schlürfen und schmatzen ist erlaubt
- Peking-Ente
- Zongzi – Klebreispäckchen mit Geschichte
- Bubble-Tee, Bier und andere tückische Getränke
- Informationen
- Weiterlesen: Die neuesten Blogbeiträge
Essen in China: Warm muss es sein!
„Essen ist des Volkes Himmelreich“, lautet ein altes Sprichwort in China. „Min yi shi wei tian“ soll es auf Chinesisch heißen, der Satz stammt wohl aus der Han-Dynastie, aus der Zeit von ungefähr 90 vor Christus.
Und er gilt heute immer noch: Essen ist in China superwichtig, die soziale Beschäftigung Nummer eins.
Man isst in China immer warm. „Wenn man nichts Warmes gegessen hat, bedeutet das, dass man gar nichts gegessen hat“, erklärt unsere Reiseleiterin.
Das gilt zu jeder Tageszeit, auch morgens. Ein typisches Frühstück: Nudelsuppe. Damit kann ich mich schnell anfreunden.
Vor dem Essen
Der Tisch ist gedeckt
Nach dem Essen
Ein paar Anstandsreste sollten übrig bleiben
Nudelsuppe zum Frühstück
Ich stehe am Frühstücksbuffet und sage zum Koch hinter dem Tresen: „Soup, please!“ Er antwortet: „Noodles?!“ Ich: „Soup?“ Er: „Noodles!“ Ich nicke. Er wirft Nudeln in ein Sieb, etwas Pak Choi dazu, taucht das Sieb in kochendes Wasser. Dann füllt er die Nudeln in eine Schale. Und schöpft eine Kelle Brühe darüber. Diese Suppenschale kann ich jetzt noch mit verschiedenen Toppings anreichern. Ich nehme jeweils den Löffel der Zutat, werfe einen Blick zum Koch und reagiere auf sein Kopfnicken oder energisches Kopfschütteln. Ah, die Soße scheint scharf zu sein, deshalb lieber Finger weg. Koriander und Algen und winzige getrocknete Shrimps sind aber erlaubt. Vorsichtig balanciere ich meine Nudelsuppe zum Platz.
Aber wie esse ich die nun mit Stäbchen?
Nudelsuppenkoch
Morgens am Frühstücksbuffet im Hotel
Soup? Noodles!
Die Nudelsuppe ist fertig
Mit Stäbchen essen
In China wird mit Stäbchen gegessen. Die chinesischen Essstäbchen sind etwas länger als die japanischen und haben ein stumpfes Ende und kein spitzes.
Man legt sie sich locker in die Hand, umschließt sie am oberen Drittel mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Das untere Stäbchen liegt fest in der Hand, das obere kann auf und ab bewegt werden. Klingt kompliziert? Ist es auch. Aber nur, wenn man zu viel darüber nachdenkt. Deshalb: Einfach ausprobieren! Und beim Packen vorher schon einkalkulieren, dass man sich bei jedem Essen bekleckert. Denn: Glitschig sind die Gerichte manchmal, groß und knusprig ein anderes Mal, ab und an erschreckend kleinteilig oder gar halb flüssig.
Wichtig zu wissen: Die Essstäbchen nie senkrecht in den Reis stecken. Diese Geste erinnert an die Opfergabe für Verstorbene bei buddhistischen Begräbniszeremonien. Zur Ablage der Stäbchen dienen kleine Bänkchen neben den Tellern.
Die Nudelsuppe mit Stäbchen zu essen ist eine Angelegenheit für Furchtlose. Natürlich werden nur die Nudeln mit den Stäbchen zum Mund geführt (und eventuell andere feste Suppenbestandteile). Für die Brühe gibt es einen kleinen Porzellanlöffel. Zum Glück.
Stäbchen oder Gabel?
Wer sich die Handhabung der Stäbchen nicht zutraut, fragt nach westlichem Essbesteck
Stäbchen!
Klappt doch schon ganz gut
Das Essens-Karussell: Die Tücken der Drehscheibe
Das Essen wird an einem großen, runden Tisch serviert, auf dem in der Mitte eine Drehplatte montiert ist. Nach und nach werden die Platten und Schüsseln aufgetragen, mehr und immer mehr. Niemand bestellt ein Gericht für sich alleine, alles wird geteilt. Das Bestellen übernimmt unsere Reiseleiterin, wir wären wahrscheinlich überfordert – obwohl: spannend wäre das auch gewesen. Die Reisegruppen aus Deutschland essen gerne Schweinefleisch süß-sauer, weiß sie. Unsere Gruppe aber liebt es auch scharf, daher bekommen wir auf besonderen Wunsch auch ein paar Gereichte aus der Sichuan-Küche. Allerdings mit dem Hinweis, wir mögen bitte nicht auf die Sichuan-Pfefferkörner beißen, das würde unseren Geschmackssinn ein paar Stunden lang betäuben.
Die Platte in der Mitte lässt sich per Hand weiterdrehen. So gelangt jeder rasch an das gewünschte Essen. Ah, dahinten ist gerade eine Schüssel mit Shrimps angekommen – schnell her damit. Ups, war doch gerade Robert dabei, sich Nudelsuppe aufzufüllen. Das ging wohl daneben. Also: Achtung, ob sich vielleicht auf der anderen Seite jemand etwas nimmt. Eine harte Geduldsprobe für Futterneider. Wenn dann die begehrte Schüssel vor einem steht, zum richtigen Essbesteck greifen: Die weißen Stäbchen sind zum Nehmen, die schwarzen zum Essen. Aber auch das gilt nicht immer.
Drehscheibe
Runder Tisch mit drehbarer Platte in der Mitte – darauf kommen die Gerichte
Nudelsuppen-Fail
Wenn einer nimmt und ein anderer dreht, sieht der Tisch nacher so aus
Der Reis kommt zuletzt
Vorspeise, Hauptgang, Dessert? Diese Reihenfolge gibt es in China nicht. Das Essen wird gleichzeitig bestellt – und je nach Platz auf der Drehscheibe aufgetragen. Suppe kommt gegen Ende des Essens, weil man die Vorstellung hat, damit die letzten Hohlräume im Magen auszufüllen.
Reis muss gesondert bestellt werden und wird wie die Suppe oft als einer der letzten Gänge serviert. Sind die Gäste etwa nicht mit Fleisch und Gemüse satt geworden, dass sie noch Reis brauchen? Sich mit Reis vollzustopfen, ist eine Beleidigung für den Gastgeber, dieser gilt dann knauserig. Das Problem lösen die Chinesen ganz einfach: Der Reis kommt gar nicht erst auf den Tisch. Höchstens am Ende eines guten Essen, noch nach der Suppe.
Wenn Obst aufgetischt wird – plus Tomaten, die gelten nämlich nicht als Gemüse – dann markiert das das baldige Ende der Mahlzeit. Auf ein süßes Dessert warten wir vergeblich.
Vor dem Essen
Kleiner Teller, kleine Schale, Stäbchen, Porzellanlöffel und Teebecher
Nach dem Essen
Es hat geschmeckt!
Was essen wir da eigentlich?
In einem buddhistischen Tempelgarten. Der Shanghaier Reiseleiter, Herr He, erzählt, dass die Fledermaus Glück bringt. Eine Mitreisende fragt: Kann man Fledermaus essen? Herr He schüttelt sich leicht und sagt: „Wer will schon ein so hässliches Tier essen?“ Er erklärt: „Die meisten von uns Chinesen essen das, was Sie auch kennen. Wir essen nur auch andere Teile vom Tier. Wir essen die Füße, den Schwanz, die Ohren und die Innereien.“
Der Kopf gilt oft als das edelste Stück von Fisch oder Ente und wird oft stolz präsentiert.
Die Dreier-Komposition Fleisch, Gemüsebeilage und Sättigungsbeilage existiert in China nicht in dieser Form. Alle Gerichte stellen eine Einheit dar. Fleisch wird meist im Ganzen zubereitet und erst dann in mundgerechte Stücke zerteilt. Das heißt, dass man im Essen allerlei Knochen und Knochensplitter oder Gräten findet.
Die beliebteste Fleischsorte ist Schwein, gefolgt von Huhn, Rind und Ente. „Das in einigen südlichen Regionen verzehrte Hunde- und Katzenfleisch ist vergleichsweise teuer und nur vereinzelt erhältlich“, heißt es bei Wikipedia.
Teigtaschen gibt es in China in Hülle und Fülle und in allen möglichen Variationen.
Milchprodukte hingegen sucht man eher vergeblich, da viele Chinesen Laktose-intolerant sind.
Fleisch repräsentiert Wohlstand – vegetarisch oder vegan zu essen ist möglich. Ich habe diesmal damit ausgesetzt und alles probiert.
Vier große Geschmacksrichtungen sind typisch: die südliche der Provinz Guangzhou (Kanton), süßsauer mit gehaltvollen Eintöpfen und leckeren Teigwaren, die (süd-)östliche der Provinz Jiangsu – also etwa in Shanghai – sehr leichte, feine Küche mit klar definierten Zutaten. Weiter die der Südwestregionen Yunnan, Sichuan und Hunan: unübertrefflich vielseitig, würzig bis scharf und schließlich die nordchinesische: schwerer, mit einer Vielfalt von Teigwaren. Berühmtestes Beispiel ist die Peking-Ente.
Fisch
Der Kopf wird besonders präsentiert
Ei
Nicht ganz original, das tausendjährige Ei, sagt unsere Reiseleiterin Frau Zhao
Tischmanieren: Schlürfen und schmatzen ist erlaubt
Beim Peking-Enten-Essen sitze ich neben einem erfolgreichen Unternehmer, der hunderte von Fotostudios besitzt und zu den Top-Ten der Porträtfotografen Chinas zählt. Er plaudert höflich mit mir, spricht mit vollem Mund und schmatzt beim Essen hörbar. Das gilt in China keineswegs als unhöflich.
Essen in China ist hauptsächlich eine kommunikative Angelegenheit. Die traditionellen Tischsitten unterscheiden sich erheblich von den europäischen. So ist es völlig üblich, zu schmatzen und zu schlürfen oder mit vollem Mund zu reden, manchmal sogar zu rülpsen. Es wird gelacht und laut geredet. Was man vermeiden sollte: Sich beim Essen die Nase zu putzen – dazu geht man lieber zur Toilette.
Allein essen
Ein seltenes Bild. Normalerweise ist Essen in China eine gesellige Sache.
Ente
Keine Peking-Ente, sondern gesehen in einem Schaufenster in Wuzhen
Peking-Ente
Wie isst man eine Peking-Ente?
Lydia, unsere Reiseleiterin in Beijing, zeigt es mir:
Einen gedämpften Pfannkuchen aus dem Bambuskorb nehmen. Achtung: Das Papier nicht mitessen.
Ein oder zwei Stückchen Ente mit den Stäbchen nehmen, kurz in die dunkle Soße tunken, dann auf den Pfannkuchen legen.
Etwas Lauch dazu und ein Stück Gurke.
Das Ganze zu einem Paket falten.
Mit der Hand essen.
Der Peking-Enten-Koch erklärt: „Die Peking Enten, die im Restaurant zubereitet werden, stammen aus der Nähe des Sommerpalast. Dort werden sie extra gezüchtet. Sie haben ein durchschnittliches Gewicht von 2,5 kg. Und sie sind bei der Schlachtung 6-9 Monate alt. Zubereitet werden sie in einem Ofen mit Holz aus dem Dattel Baum. Die Ente wird zuerst geölt und dann getrocknet. Danach kommt sie in den Ofen. Dort wird sie 70-90 Minuten lang gegrillt.“
Peking-Ente
Geölte Enten warten auf weitere Zubereitung
Peking-Ente
Der Koch filetiert die fertige Ente kunstvoll
Zongzi – Klebreispäckchen mit Geschichte
Wir sind zum Drachenbootfest in China, das wird am den 5. Tag des 5. Monats im traditionellen chinesischen Kalender gefeiert. Auf den Buffets liegen überall Zongzi: Kleine, eckige Päckchen aus Klebreis, eingewickelt in Bambusblätter. Die Varianten der Füllungen reichen von Datteln über Bohnen bis zu Schinken, Erdnüssen und Eigelb. Hinter den Zongzi steht eine Geschichte: Der angesehene und beliebte Dichter und Politiker Qu Yuan widersprach dem Hof und wurde ins Exil geschickt. Dort ertränkte er sich im Fluss Miluo. Die Menschen, die Qu Yuan verehrten, sollen Zongzi zubereitet und in den Fluss geworfen haben, in der Hoffnung, die Fische würden die Zongzi fressen und nicht die Leiche des Dichters.
Zongzi
Außen Bambusblatt, innen Klebreis
Zongzi
Die Klebreispäckchen werden zum Drachenbootfest gegessen
Bubble-Tee, Bier und andere tückische Getränke
Wenn Chinesen sich nach Feierabend verabreden, gehen Sie immer essen und nicht in Bars.
Beim Essen wird natürlich auch getrunken – Tee, Bier und Schnaps. „Prost auf chinesisch heißt Gānbēi, das bedeutet wörtlich „trockne das Glas“ (oder norddeutsch: „nicht lang schnacken, Kopp in den Nacken“). Ein Geschäftspartner gilt nur dann als vertrauenswürdig, wenn seine Zunge durch starken Alkohol gelöst wurde.
Kaffee trinken kommt langsam in Mode. Im Café sitzt man aber immer drinnen nicht draußen. Viel beliebter ist aber süßer Bubble-Tea. „Was für junge Leute! Ungesund! Zu viel Zucker!“, warnt unsere Reiseleiterin. Ich riskiere mal was, hole mir einen Bubble-Milch-Tee, sauge am großen Trinkhalm und verschlucke mich an einer der Tapiokaperlen, die dort durchgeschossen kommt. Die Tücke liegt im Detail. Dann doch lieber Nudelsuppe mit Stäbchen.
Tee und Bier
Getränkeauswahl auf der Drehscheibe
Selfie mit Tee
Vor dem Bubble-Verschlucker
Informationen
Zu der Recherchereise nach China wurde ich vom Reiseveranstalter Gebeco eingeladen. Danke!
Gebeco bietet 12 Reisen nach China an, zum Beispiel Spektakuläre Höhepunkte Chinas (14-Tage Erlebnisreise ab 3095 Euro inkl. Flüge mit Air China) und China – Das Reich der Mitte (21-Tage-Studienreise ab 4195 Euro inkl. Flüge). Viele Reisen sind ab vier Personen garantiert.
Die Reisen von Gebeco sind voller Begegnungen. Ich trainierte mit einem Taijiquan-Meister in Shanghai im Park, trank mit einem Teebauern Drachenbrunnentee, plauderte mit Schmuck-Designerinnen und einem von Chinas Top-Ten-Portraifotografen. Mehr dazu (demnächst) hier auf diesem Blog!
Nudelsuppe mit Stäbchen
Geht doch!
Nudelsuppe mit Topping
Koriander und Mini-Shrimps
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