Radtour auf Fontanes Spuren im Ruppiner Seenland

Spiegelung mit Fahrrad in Neuruppin

Liebe Freundinnen von Welt!

Prächtige Schlösser, zauberhafte Landschaft und exakt geplante Städte: Das Ruppiner Seenland ist voller Überraschungen. Und natürlich voller Seen. Theodor Fontane stammt aus dieser Region, seine Werke haben hier zahlreiche Anknüpfungspunkte. Wir folgen dem Fontane-Radweg auf den Spuren des Dichters. Und wie gefällt das meinem mitradelnden Fontane-Ignoranten? Dank des Hörbuchs „Irrungen, Wirrungen“ und den vielen schönen Badeplätzen: ganz vortrefflich!

Eure Kirsten, Freundin von Welt

„Wer in der Mark reisen will, der muss zunächst Liebe zu „Land und Leuten“ mitbringen, mindestens keine Voreingenommenheit. Er muss den guten Willen haben, das Gute zu finden, anstatt es durch krittliche Vergleiche totzumachen.“

Theodor Fontane

Fontane.Rad – Radreise-Tagebuch

Wiese mit Schild Fontanestadt Neuruppin
Kurz vor der Fontanestadt Neuruppin

Inhaltsverzeichnis

Fontane-Radweg, Tag 1: Neuruppin und Molchow

Es wartet Neuruppin auf uns, die „Fontanestadt“. Diesen Titel trägt Neuruppin seit dem 100. Geburtstag des Dichters. Der See ist groß, die Gehwege sind breit, die Stadt ist von aufgeräumter Pracht. Im 17. Jahrhundert ist sie abgebrannt, wurde dann nach Plan neu aufgebaut. Neuruppin ist angeblich „die preußischste aller preußischen Städte“. Fontane sprach von Platzverschwendung, die bei einer solchen Provinzstadt doch bedenklich sei. Und es gibt sehr viele Infotafeln.

Unterschrift von Theodor Fontane als Metall-Skulptur in Neuruppin
Die Unterschrift Fontanes – leider nicht sehr fotogen

Das Denkmal: Fontane sitzt, lässig hingegossen, Notizbuch in der Hand, den Schal (den er wohl immer trug), über eine Mauer gelegt. Man möchte sich glatt zu ihm setzen, auf eine kleine Plauderei. Dem Bildhauer Max Wiese Modell gesessen hat übrigens Fontanes Sohn Friedrich.

Fontane-Denkmal, im Vordergrund Blumen
Fontane – das Denkmal im Blumenbeet

Die Stadt wurde nach einem großen Brand 1787 streng klassizistisch angelegt. Mit sehr breiter Sichtachse und Aufmarschplätzen. Fontanes Geburtshaus (noch heute eine Apotheke, im Schaufenster Werbung für ein Mittel gegen Fußpilz, hoffentlich blieb der Wanderer Fontane davon verschont, man zieht ja sofort gedanklich Verbindungen), Fontanes Gymnasium.

Das Gymnasium, in dem Fontanes Lücken gestopft wurden

„Einige Lücken wurden wohl, zugestopft, aber alles blieb zufällig und ungeordnet.“

Theodor Fontane

Eine Fontane-Buchhandlung. Bei der Einfahrt in die Stadt: Fontane Döner & Pizza. Wir haben das Lokal nicht ausprobiert, aber Fontane ist auf seinen Wanderungen ganz bestimmt dort eingekehrt …

„Ruppin hat eine schöne Lage – See, Gärten und der sogenannte »Wall« schließen es ein. Nach dem großen Feuer, das nur zwei Stückchen am Ost- und Westrande übrigließ (als wären von einem runden Brote die beiden Kanten übriggeblieben), wurde die Stadt in einer Art Residenzstil wieder aufgebaut. Lange, breite Straßen durchschneiden sie, nur unterbrochen durch stattliche Plätze, auf deren Areal unsere Vorvordern selbst wieder kleine Städte gebaut haben würden. Für eine reiche Residenz voll hoher Häuser und Paläste, voll Leben und Verkehr mag solche raumverschwendende Anlage die empfehlenswerteste sein, für eine kleine Provinzialstadt aber ist sie bedenklich. Sie gleicht einem auf Auswuchs gemachten großen Staatsrock, in den sich der Betreffende, weil er von Natur klein ist, nie hineinwachsen kann. Dadurch entsteht eine Öde und Leere, die zuletzt den Eindruck der Langeweile macht.“

Theodor Fontane
Spiegelung in Neuruppin
Bedenkliche Platzverschwendung in Neuruppin?

Zwischen Fontanes Geburtshaus und seinem Gymnasium liegt Polly’s Eisdiele. Das Apostroph ist im Osten obligatorisch. Hier bekomme ich endlich das Birnenprodukt, dass mir in Ribbeck verweigert wurde (bzw. dem ich mich dort verweigerte.): Birnensorbet. Eis. Lecker Eis! Herr von Ribbeck hätte es bestimmt geliebt. Hinterm Tresen nicht Polly, sondern Anna. Sie betreibt die Eismanufaktur gemeinsam mit ihrem Mann, der Name ist einer Zusammensetzung ihrer Nachnamen. „Ich finde Eis spannender als Konditorei“, sagt Anna. „Da muss so viel dekoriert werden …“. Beim Eis geht die ganze Kreativität in den Geschmack. Richtig so!

Hanna in Polly's Eisdiele in Neuruppin
Die ganze Kreativität geht in den Geschmack: Hanna in Polly`s Eisdiele

Sehr schön auch: Molchow. Fontane fand den Namen zwar etwas düster, aber den Ort, eines der seltenen Runddörfer in Brandenburg, sehr charmant. Und das ist er immer noch. Ein baumbestandener Dorfplatz (mit einem winzigen gelben Fontane darauf), ein rätselhafter Glockenturm (aber keine Kirche, natürlich gibt es dafür eine Erklärung, die steht auf der Infotafel vor Ort), nur die Autos stören das Bild etwas. Nicht weit entfernt eine Badestelle. Weiter durch Wälder, voll mit Datschen, zum Campingplatz nicht am Zermützel-, sondern am Tornowsee.

Gelber Fontane in Molchow
Begegnung mit einem gelben Fontane in Molchow

Fontane-Radweg, Tag 2: Rheinsberg und Großer Stechlinsee

Der Campingplatz ist eher so funktional, die Badeschuhpflicht im Waschraum wird ernst genommen. M. badet im Tornowsee. Ich lag frühmorgens wach, ich glaube, ich habe eine Nachtigall gehört. M. lag spätabends wach, er hat das Paar im Zelt nebenan streiten gehört.

Wir radeln durch den Wald, machen einen Abstecher zur Boltenmühle, die Fontane in einem Gedicht erwähnte. Jetzt ist die Mühle Ausflugsgastro und Hotel mit Wellness.
An den Braunsberger Höfen (braunsberger-hoefe.de) kommen wir auch vorbei. Der Hofladen hat leider gerade zu, aber der Hof mit den Ferienwohnungen sieht einladend aus.

Keramik-Schild mit Ziege, Schwein und Gans
Ziege, Schwein und Gans laden ein: Braunsberger Höfe

Dann: Rheinsberg. 1740 abgebrannt, wieder aufgebaut, ein Beispiel frühklassizistischer Stadtplanung. Die Geschichte ähnelt der von Neuruppin, aber Rheinsberg wirkt viel provinzieller.

Die Dame in der Tourismus-Info dreht vor meiner Nase den Schlüssel in der Tür um, Mittagspause von 12.30-13.30 Uhr verkündet ein ausgedruckter Zettel, auf der Öffnungszeitentafel draußen am Gebäude war noch keine Rede davon. Okay, wir sollten vielleicht auch erst mal etwas essen. Wie Fontane, der Reiseprofi, das bei seinem Besuch getan hat.

Halt, erst noch Keramik gucken. Rheinsberg soll eine alte Keramikstadt sein, mit langer Tradition. In der Sanddornwelt in Werder gab es im Laden Porzellan mit Fontane-Birnbaum-Motiven. Sehr hübsch. Und, wenn ich mich richtig erinnere, aus Rheinsberg. Ich frage in der Keramikwelt, einer großen Verkaufsausstellung, die sich über mehrere langgestreckte Gebäude zieht. Mit diversen Arbeiten verschiedenster Keramikkünstler in den Holzregalen. Die Dame dort schüttelt auf meine Frage nach Fontane-Porzellan nur den Kopf und schickt mich weiter zum Keramik-Museum neben der Kirche. Zu Herrn Schink. Doch der hat nur ein paar Fontane-Becher, die er 2019 zum Fontane-Jahr entworfen hat. Er verweist mich ans Keramik-Hotel. Ein Hotel mit Keramik-Produktion, von außen recht schmucklos. Dort gibt es auch jede Menge Getöpfertes, alles handbemalt und Spül- und Mikrowellen-fest, wie der eifrige Herr an der Rezeption versichert. Aber Fontane? Nüscht.

Skulptur im Schlosspark Rheinsberg
Schlosspark Rheinsberg

Tucholsky war übrigens auch hier, ihm hat die Stadt sehr gefallen, er hat sie in „Bilderbuch für Verliebte“ verewigt. Es muss an seiner Begleitung gelegen haben. Aber nach Tucholsky-Keramik frage ich lieber nicht.

Später auf der Reise stellt sich heraus: Eigentlich war alles mein Fehler. Die Fontane-Keramik wird in Rathenow hergestellt.

Jetzt endlich was essen (wie Fontane, der Reiseprofi). Die Lokale in der Gegend haben eine sehr fleischlastige Karte. Auch der Ratskeller, in dem Fontane einkehrte – noch bevor er die kulturellen Schätze der Stadt erkundete. Auf der Terrasse genoss er 1859 unter dem Blätterdach der Kastanien sein Frühstück. Heute steht als „Fontanes Leibgericht“ auf der Karte: Altbrandenburgischer Rinderschmorbraten mit Ingwersauce und Apfelrotkohl, dazu Kartoffelklöße mit Semmelbutter. Das hat der gute Mann zum Frühstück gegessen? Wohl kaum.

Wir nehmen lieber das vietnamesische Asia-Sushi-Restaurant in der Schloßstraße. Das hat viel Auswahl für Vegetarier und alles mit Geschmack.

Specht-Skulptur an einer Hauswand pickt einen Kampfjet auf, davor Fahrräder mit Packtaschen
Genau hinsehen: Der Specht pickt einen Kampfjet auf. Kunst von Tony Torrilhon

Schräg gegenüber sehen wir eine hölzerne Giraffe auf dem Gehweg und einen Specht an der Hauswand – Werke des Bildhauers und Holzkünstlers Tony Torrilhon, der hier sein Atelier hat.

Und nun: Das Schloss! Das, was Fontane überhaupt auf die Idee zu seinen „Wanderungen“ brachte.

Fontanes Inspiration

1858 schrieb Fontane aus Schottland, als er bei der Besichtigung des „Douglasschlosses“ im Kinroß-See (…) „an Rheinsberg und den Rheinsberger See dachte, stand es in meiner Seele fest, die Mark Brandenburg und ihre Schlösser und Seen zu beschreiben zu wollen.“ Aus diesem Impuls entstanden die vier Bände der „Wanderungen“ und der abschließende Band „Fünf Schlösser“.

„Ich bereise jetzt unsere märkisch-brandenburgische Heimat und durchstöbre (…) die alten Schlösser (…), dazu die kleinen märkischen Städte mit ihren Männern und ihren Erinnerungen.“

Theodor Fontane

Fontane hoffte, so die märkische „Lokalität“, deren Reize weitgehend unentdeckt waren, „wie die Prinzessin im Märchen zu erlösen“.
Okay, das Schloss ist beeindruckend. Die Lage am See! Der Park! Die Treppe zum See hin! Die Skulpturen im Park! Der Park soll eine Fingerübung Friedrichs des Großen für Sans Soucci gewesen sein. Sind die Figuren da im Park wirklich Musen? Eine von ihnen hat einen Schachturm in der Hand. Ein früher Hinweis auf das „Damengambit“? Ein Musikfestival wird vorbereitet. „Ich habe schon schlechtere Orte für Freiluftbühnen gesehen“, muss auch M. zugeben.

Muse mit Schachfigur im Schlosspark Rheinsberg
Damengambit: Muse mit Schachfigur im Schlosspark Rheinsberg

M. hat da was auf der Karte oder im Netz oder irgendwo gesehen, deshalb radeln wir einen Schlenker. „Guck mal, da gibt es sogar einen Leuchtturm!“, sagt er, als ich wegen des Umwegs maule. Die Attraktion ist dann auch höchst bizarr: Das „Rheinsberger Hafendorf“ ist eine Ferienanlage, in der alle Häuser direkt am Wasser stehen und über einen eigenen Bootsanleger verfügen. Also eine künstliche Reihenhaussiedlung mit angeleinten Motorbooten davor. Die kann man in einem kleinen Büro mieten. Davor steht ein massiger Typ im Feinripp-Unterhemd, flankiert von kleinen, aber auch schon stämmigen Söhnen und einer passenden Frau, und ordert lautstark „was mit mehr PS“ für den nächsten Tag. Der Leuchtturm ist übrigens auch nicht echt. Er sieht sogar aus, als sei er aus Plastik.

Feriensiedlung Rheinsberger Hafendorf
Fake-Ferienwelt: Rheinsberger Hafendorf

Weiter Richtung Großer Stechlinsee, Namensgeber für Fontanes Roman „Der Stechlin“ (in dem auf 500 Seiten nicht viel passiert, wie Fontane selbst bemerkte) und größter Klarwassersee Norddeutschlands. Und wirklich: Sehr schön, sehr klar.

Abendstimmung am Großen Stechlinsee
Am Großen Stechlinsee

Passend dazu: Das Café Glasklar, in das wir noch gerade rechtzeitig vor Schluss um 18 Uhr einkehren und sehr gutem NY Cheesecake bekommen.

New York Cheesecake und Schokokuchen im Café Glasklar am Stechlinsee
New York Cheesecake und Schokokuchen im Café Glasklar am Stechlinsee

Auch der Imbiss am Strand ist prima, die Pizza gibt es als halben oder ganzen Meter. Nein, kein Quadratmeter. Aber ordentlich und mit sehr viel Knoblauch (war gewünscht.)

Fontane-Radweg, Tag 3: Wilde Heimat in Fürstenberg und ein Traum von Seide in Zernikow

Wir haben auf dem Zeltplatz „Wilde Heimat“ in Fürstenberg übernachtet. So können Campingplätze also auch sein!

Campingplatz Wilde Heimat in Fürstenberg mit rotem Bus
Campingplatz „Wilde Heimat“ in Fürstenberg

Ein riesiges Gelände (ehemalige Faserfabrik, natürlich Rüstung, Zwangsarbeit, schlimme Geschichte dahinter), viel Platz für vereinzelte Kiefern, ein paar Oldschool-Busse, eine Jurte, eine Feuer-Hütte und eine ganz entzückende, zusammengezimmerte „Sommerküche“. Mit Tisch und Bänken auf Rädern, die man auf den alten Schienen verschieben kann – unters Dach oder in die Sonne. Und Tiny Houses, also: schicke Bauwagen. Alles entspannte, freundliche Menschen. Auf dem Grill in der Sommerküche sind nur vegetarische Gerichte erlaubt.

Wilde Heimat: Sommerküche mit Tisch und Bänken auf alten Schienen
Wilde Heimat: Sommerküche mit Tisch und Bänken auf alten Schienen

„Das Einfache ist das Wichtige und das Leben mit der Natur ist sehr erfüllend“, findet Martin Richter-Sinnig, der die „Wilde Heimat“ 2018 zusammen mit seiner Familie gegründet hat.

Uns gelingt das fragwürdige Kunststück, neben dem einzigen Vollhonk des ganzen Platzes zu zelten. Er redet lautstark religiöses Zeugs vor sich hin, von Hölle und so, und fährt nachts mit seinem Motorrad durch die Gegend. Zwischendurch schnarcht er. Zum Verrücktwerden!

Am nächsten Morgen – also: heute – bauen wir fix ab und machen es uns noch ein wenig in der Sommerküche gemütlich. Wir radeln über Altglobow, dort verkauft der Biohof Kepos Gemüse zum Selbsternten. Es ist alles recht spät dran, der Mais ist wirklich noch sehr klein. Aber der Mangold, der sieht super aus. Man schneidet selbst, wiegt selbst ab und zahlt in die Kasse des Vertrauens.

Biohof Kepos, Feld mit Schildern:  Mangold bitte blattweise ernten
Biohof Kepos: Mangold bitte blattweise ernten

Zernikow erreichen wir über eine Maulbeerallee. Ein Naturdenkmal! Aber warum stehen sie da, die Maulbeerbäume? Im Gutshaus erfahren wir mehr darüber: In Zernikow wurde Seide produziert und Seidenraupen fressen ausschließlich Maulbeerblätter. Insgesamt ist die Geschichte der Zernikower Seidenproduktion eine grandiose Geschichte des Scheiterns, die einen eigenen Beitrag verdient hat.

Maulbeerallee in Zernikow: Die Freundin von Wel mit Fahrradhelm zeigt eine Maulbeere
Auf der Maulbeerallee in Zernikow sind die Beeren reif: Sie sehen aus wie Brombeeren und schmecken gut

Im Falafel-Garten bekommen wir Mittagessen. Der Betreiber ist sonst mit seiner Bude auf Festivals unterwegs. Da diese gerade nicht stattfinden, hat er den Wagen in seinem Garten aufgestellt, dekoriert die Portionen sehr ansprechend und erklärt auch einem etwas skeptischen älteren Herrn, was er da essen könnte – nämlich Kichererbsenbällchen.

In Meseberg stehen wir vor verschlossenen Türen. Beim Schlosswirt und auch beim Schloss selbst. Das Schloss, Gästehaus der Bundesregierung, ist hervorragend mit sehr hohen Zäunen und Kameras gesichert.

Kirsten Rick mit Fahrrad vor Zaun von Schloss Meseberg
Schloss Meseberg von vorn: Das Gästehaus der Bundesregierung ist gut gesichert

Aber vom Ufer des Sees hat man einen wundervollen Blick darauf – und M. eine prominente Badestelle ganz für sich allein. Nur die Kameras der Regierung schauen zu. Und ich natürlich.

See hinter Schloss Meseberg
Schloss Meseberg von hinten: Wo schwimmt der Freund der Freundin von Welt?

Gransee, „die festeste Stadt der Grafschaft Ruppin“, wie Fontane meinte, wirkt dagegen etwas freudlos. Trotz schöner Anlage. Das Luisendenkmal ist zwar von Schinkel (der auch aus der Gegend stammt), aber schlecht zu fotografieren. Dabei war Königin Luise von Preußen, die mit nur 34 Jahren starb, doch die wahre „Königin der Herzen“. Trotzdem: Gransee wirkt auf uns finster. Und der Campingplatz sieht voll, eng und abschreckend aus. Wir finden ein hübsches Plätzchen mit einer Badestelle auf der Halbinsel von Alt-Ruppin.

Fontane-Radweg, Tag 4: Neuruppin und das Sanssoucci der Pferde

Wir starten in Alt-Ruppin, das praktischerweise nicht weit entfernt von Neuruppin liegt. Ein zeitneutrales Ruppin können wir nicht ausmachen.

In Neuruppin nehmen wir uns noch ein wenig Zeit für einen Rundgang. Wir schlendern an der Uferpromenade entlang und quer durch die Stadt zum Tempelgarten. „Hier schuf sich Kronprinz Friedrich, der spätere Friedrich der Große, außerhalb der Stadtmauer einen Ort für Geselligkeiten, zum Musizieren, für Gespräche im Freundeskreis und für den Anbau von Obst und Gemüse“, heißt es.

Der Tempelgarten in Neuruppin
Ein Ort für Geselligkeiten: der Tempelgarten in Neuruppin

Ein schöner Ort ist auch die Fontane-Therme, deren hölzerne Sauna auf einem Steg weit in den See hineinragt.

Zwischen Feldern entlang führt uns der Radweg. Die Landschaft ist weitläufig, im Hintergrund drehen sich Windräder. Ab und an starren uns ein paar Kühe von der Seite an. Steigen wir ab, machen sie sich davon, als sei nichts gewesen. Zutraulich sind sie nicht.

Kühe auf der Weide
Gucken erst und rennen dann schnell weg: Schüchterne Kühe auf der Weide

In Neustadt (Dosse) steht das „Sanssouci der Pferde“: das Brandenburgische Haupt- und Landesgestüt. Das schlossähnliche Landesstallmeisterhaus, eine Perle preußischer Baukunst, beherbergt ein kleines Museum, in dem wir mehr über die über 230jährige Geschichte der Anlage und ihrer vierbeinigen Stars erfahren.

Das „Sanssouci der Pferde“ in Neustadt-Dosse
Das „Sanssouci der Pferde“ in Neustadt-Dosse

Diese selbst scheinen gerade nicht zuhause zu sein – vermutlich machen sie es sich in der Sommerfrische auf der Weide gemütlich. Oder sie sind in Trauer: Zwei Wochen vor unserem Besuch ist „Stempelhengst“ Quaterback gestorben. Der Fuchs mit den federleichten Gängen wurde nur 18 Jahre alt. Was für ein Verlust!

Schild mit der Beschriftung "Deckstation" Neustadt (Dosse)
Pferdezuchtdirektion Mitte

Wir radeln noch einen kleinen Schlenker weiter auf der Variante1/Tagestour 5, bis nach Kyritz an der Knatter. Diesen Namen verdankt das kleine Städtchen nicht etwa einem Fluss, sondern, so sagt man, den einst vielen knatternden Mühlen.
Die Gegend zeigte sich Fontane von ihrer einsamsten Seite. Er fand die Strecke ausgesprochen trist. Wir genießen die menschenleere Weite auf unserem Weg Richtung Elbe, zurück ins Wendland.

In Plattenburg – mitten im Nichts – stoßen wir noch auf „die schönste Wasserburg Norddeutschlands“.

Im „Kurort“ Bad Wilsnack essen wir noch eine Pizza aus dem Karton (Verschwörungserzähler hielten die Sitzplätze belegt.)

An einer Badestelle an einem Fluss namens Karthane endet unsere Reise auf den Spuren von Theodor Fontane. Abends im Zelt hören wir noch das letzte Kapitel des Romans „Irrungen, Wirrungen“. Nein, die Liebenden kriegen sich nicht. Sie finden nicht ihr großes Glück. Sie fügen sich in ihr Schicksal. Das ist bitter, aber auch so fein beobachtet. M., der die Reise noch als Fontane-Ignorant begann, ist jetzt auch Fontane-Fan.

Buchtipp: Fontane

„Irrungen, Wirrungen“ von Theodor Fontane. Oder „Effi Briest“. Oder „Grete Minde“. Eigentlich alles von Fontane.

Fontane Radweg Karte
Überblick: Auf der Fontane-Radweg-Karte sind die Etappen und Varianten eingezeichnet

FONTANE.RAD – die Radweg-Route

2019 feierte Brandenburg den 200. Geburtstag des Autors – und schuf die Route FONTANE.RAD. Die Strecke führt durch das Havelland und das Ruppiner Seenland an die Orte, die Theodor Fontane als Vorlage für seine „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ und andere Werke dienten, aber auch zu Stationen seiner Lebensgeschichte.

Etwa 300 Kilometer ist die Strecke lang, Informationstafeln an rund 60 Fontane-Orten geben Auskunft über Geschichte und Geschichten. Bezaubernd sind die kommentierenden Zitate von Emilie Fontane, seiner Ehefrau, auf den Tafeln.Es gibt acht Etappen, sieben Tagestouren und zwei Variante. Ich brauchte ein bisschen, um das Prinzip zu verstehen (ein intensiver Blick auf die Karte, die man sich hier herunterladen kann, hilft da ungemein), aber dadurch lässt sich die Route abwechslungsreich und individuell zusammenstellen.

Informationen zur Route auf fontanerad.de

Mehr über das Ruppiner Seenland auf
ruppiner-seenland.de

Die ersten Etappen sind wir im Havelland gefahren, erst auf dem Havelradweg, dann auf FONTANE.RAD. Das Reisetagebuch dazu findet Ihr hier:

Auf Fontanes Spuren im Havelland – mit dem Rad

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