Liebe Freundinnen von Welt,
ich liebe Brunnen! Aber wer tut das nicht? Dieses Rauschen, diese Plätschern und wie das Wasser in der Sonne funkelt! Vor allem aber mag ich Brunnen, die etwas bedeuten.
Wenn Ihr durch den Seiteneingang – vorbei an einem Löwen – in den Innenhof des Hamburger Rathauses schlendert, landet Ihr mitten in Hamburgs Geschichte.
Dort steht der Hygieia-Brunnen: ein Denkmal mit Drama, eine Göttin mit Haltung und ein Drache, der für eine der größten Katastrophen der Stadtgeschichte steht. Klingt nach antikem Mythos? Ist aber ganz reale Hamburger Vergangenheit – kunstvoll in Bronze gegossen und überraschend aktuell.
Lust auf eine kleine Zeitreise? Dann kommt mit – es wird hygienisch.
Eure Kirsten, Freundin von Welt
Der Drache, die Göttin und das Rathaus – was Hamburg Hygieia-Brunnen uns sagen will
Man muss schon ein bisschen wissen, wo man hin will. Denn wer durch den unscheinbaren Seiteneingang des Hamburger Rathauses huscht – vorbei an einem steinernen Löwen, der so tut, als würde er das Gebäude bewachen – der landet unvermittelt in einem Innenhof, der wirkt wie ein historisches Filmset.
Und mittendrin: der Hygieia-Brunnen.
Der Hygieia-Brunnen ist nicht nur eine plätschernde Zierde im Herzen der Stadt. Er ist Kunstwerk, Klimaanlage, Cholera-Mahnmal und Gesundheits-Appell in einem – und das alles seit 1896. Wer hier nur ein hübsches Fotomotiv sieht, verpasst eine ziemlich aufregende Geschichte, in der ein (symbolischer) Drache besiegt, eine Göttin geehrt und eine Stadt grundlegend verändert wurde.
Ach, Hamburg. Immer einen Tick dramatischer als nötig. Oder?

Plätschernde Geschichte
Hygieia-Brunnen im Rathaus-Innenhof, Hamburg
Göttin der Gesundheit
Hygieia-Brunnen im Rathaus-Innenhof, Hamburg

Vom Handelsgott zum Hygiene-Hit
Ursprünglich sollte hier gar keine Göttin thronen, sondern Merkur – der mit dem Flügelhelm und dem Charme eines Aktienbrokers. Hamburg wollte sich selbst feiern, als stolze Handelsmetropole, als Tor zur Welt mit besonders breitem Brückenschlag zu den Kontoständen. Doch dann kam 1892 die Cholera – und mit ihr die Erkenntnis: Wasser ist nicht nur Transportmittel für Waren, sondern auch für Bakterien. Das Hamburger Trinkwasser wurde damals noch ungereinigt der Elbe entnommen.
Über 8.000 Menschen starben. Und das in einer Stadt, die dachte, sie sei auf dem Weg in die Moderne. Die hygienischen Zustände – besonders in den berüchtigten Gängevierteln – waren ein Albtraum. „Ich vergesse, dass ich mich in Europa befinde“, soll der zu Hilfe gerufene Bakteriologe Robert Koch gesagt haben.
Statt Merkur bekam Hamburg also Hygieia – Göttin der Gesundheit und Namenspatin für das, was uns heute ganz selbstverständlich erscheint: Hygiene.
Ein besiegter Drache auf dem Hygieia-Brunnen
Im Zentrum des dreistöckigen Brunnens steht Hygieia mit erhobenem Arm und einer kleinen Schale, aus der Wasser in die Brunnenschale tropft. Zu ihren Füßen windet sich ein Drache – nicht zum Einschüchtern, sondern als Symbol für die besiegte Cholera.
Drumherum sitzen sechs weitere Figuren, die allegorisch erklären, wozu Wasser gut ist. Da gibt es eine Frau mit Krug, ein Mann mit Fisch, ein Faun mit Muschel – quasi eine antike Influencer-Crew mit Fokus auf Wellness, Ernährung und Wohlstand.

Der besiegte Drache
symbolisiert die Cholera
Gesundheit in Bronze
Der Hygieia-Brunnen, ein beliebtes Fotomotiv

Frischluft mit Stil – durch den Hygieia-Brunnen
Was viele nicht wissen: Der Brunnen ist nicht nur Deko mit Moral. Er ist auch ein technisches Wunderwerk. Erschaffen vom Bildhauer Joseph von Kramer, fungiert er als Eingang einer ausgeklügelten Klimaanlage, die das gesamte Rathaus mit Frischluft versorgt.
In seinem Sockel verbergen sich bogenförmige Öffnungen, durch die Luft angesaugt wird – und zwar nicht irgendeine, sondern vom ständig fließenden Brunnenwasser angenehm gekühlte.
Mithilfe elektrisch betriebener Ventilatoren wird diese Luft dann in die Amtsstuben und Sitzungssäle geleitet, wo sie für ein gesundes Arbeitsklima sorgt. Und weil Hamburg nun mal auch bei der Abluft elegant ist, zieht diese durch ein System bis hinauf in den Rathausturm – wo sie durch Öffnungen im Turmhelm wieder entweicht.
Nachhaltig, effizient und dabei herrlich unauffällig.

Brunnen mit Klimaanlage
Durch Öffnungen gelangt frische Luft ins Rathaus
Für sauberes Wasser!
Selfie vor dem Hygieia-Brunnen

Eine Stadt lernt Hygiene
Die Cholera war ein brutaler Lehrer, aber Hamburg hat die Lektion gelernt. Nach der Epidemie wurde das Abwassersystem modernisiert, das Trinkwasser gefiltert – und die Stadtplanung neu gedacht. Der Brunnen wurde zum Symbol: für Hoffnung, Fortschritt und dafür, dass es manchmal eine Krise braucht, um wirklich sauber zu werden.
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