Kompaktes Sommerglück: Mit dem Faltrad auf dem Kattegattleden in Schweden

Kattegattleden Schweden, Ziel Göteborg, mit Faltädern vor dem Konstmuseum

Liebe Freundinnen von Welt,

leicht und frei waren wir unterwegs: Sieben Tage mit Falträdern und Zelt auf dem Kattegattleden von Kopenhagen nach Göteborg entlang der schwedischen Westküste. Hin mit der Bahn, zurück mit der Fähre. Das war im Sommer 2017 – hier kommt mein Reisetagebuch mit vielen nach wie vor aktuellen und überprüften Tipps. Ich würde jederzeit wieder an der schwedischen Westküste radfahren. Gerne mit mehr Zeit!

Eure Kirsten, Freundin von Welt

Inhaltsverzeichnis

Das Schwierigste: Die Anreise mit der Bahn

Um 7.25 Uhr geht der Zug. Alles passt auf die Falträder. Meins kann zwei ganz normale Fahrradtaschen schleppen. Und das von M. auch, das kann sogar unterwegs Strom erzeugen und das Telefon laden. In der 1. Klasse (Sonderangebot!) drängen sich etliche überpackte Pfadfinder. Auf der Fähre haben wir ein bisschen Luft, im Umsteigezug in Nyborg ist dann alles voller Kinderwagen. Kaum Platz für die gefalteten Räder, kein Sitzplatz. Aber es geht.

Ankommen im Hipsterparadies Kopenhagen: Kunst, Streetfood und Architektur

Mit dem Rad in Kopenhagen am Wasser
Kopenhagen – wo Radfahren Spaß macht
Kayak Paddler in Kopenhagen

Kopenhagen

Mit dem Kayak zur Oper

Kopenhagen

Hipsterparadies mit Streetfood

Menschen am Tisch mit Drinks beim Streefood in Kopenhagen

Etappe 1, Freitag – Aufbruch aus Dänemark – Humlebaek bis Helsingborg

Mittags brechen wir auf, mit einer grünen Welle durch Kopenhagen, Richtung Norden. Überraschung in Humlebaek: Das Museum Louisiana hat doch noch geöffnet – bis 21 Uhr sogar! Es ist sechs, also haben wir noch reichlich Zeit. Rein in die Ausstellung von Marina Abramovic, die große Performancekünstlerin aus Belgrad. Beispiel: Bei „The Artist is present“ saß Abramovic tagelang im Museum Besuchern gegenüber und sah ihnen in die Augen – sonst nichts. Sie war einfach da – und sie sagt, sie hätte sich danach so erschöpft gefühlt wie noch nie zuvor.

Picknick vor dem Museum Louisiana in Dänemark
Kattegattleden Schweden: Freundin von Welt mit bepackten Falträdern auf der Straße

Unterwegs auf Radreise
Pausen nehmen, wie sie kommen. Das Wetter auch.

Kattegattleden Schweden: Frau fährt mit dem Rad auf Fahrradstreifen neben der Straße

Es ist recht spät, als wir Louisiana verlassen – voll mit Eindrücken. Wir überlegen, noch in Dänemark zu übernachten, finden aber keinen „Teltplads“. Also nehmen wir die Fähre von Helsingör nach Helsingborg – um 21.40 Uhr. Die Überfahrt ist kurz, reicht gerade, um drei Bier zu kaufen, einen Ingwershot (noch von Fotex in Kopenhagen) zu kippen und uns Sorgen zu machen, dass die Räder neben den LKW (aber ohne Festschnall-Möglichkeit) umkippen könnten. Als wir in Schweden ankommen, ist es dunkel. Mit den Lastern runter von der Fähre ins Industriegebiet, nach Süden (und nicht Richtung Norden, wohin der Kattegattleden uns führen soll.

Und wo soll das Zelt stehen? Das Jedermannsrecht

Aber im Süden ist der nächste Campingplatz. Dort werden wir an der Rezeption abgewiesen: „Wir sind voll.“ Und überhaupt, man könne doch überall zelten. Ein klassisches kulturelles Missverständnis. Von dem schwedischen „Allemansrätten“ (Jedermannsrecht) haben wir ja gehört, aber wie funktioniert das genau? Und überhaupt wäre etwas sanitäre Infrastruktur ja auch ganz schön. Meine Hände zittern vor Müdigkeit und Erschöpfung, ich kann nicht mehr. An der Rezeption wird das Rollo heruntergelassen und die Tür abgeschlossen. Touristen trollen sich zu ihren Wohnwagen und -mobilen. Wohin jetzt? Okay, wenn man in Schweden praktisch überall zelten darf, wäre ich auch mit dem nächsten Randstreifen an der Straße im Industriegebiet zufrieden, jedenfalls im Moment. Doch M. lotst uns Richtung Strand. In Hörweite einer Party, hinter einem Ökologie-Natur-Unterstand bauen wir im Dunkeln das Zelt auf. Ich lege mich rein und schlafe sofort ein, bei fernen Partyklängen und Wellenrauschen.

Kilometer: 66,9
Höhenmeter: 230
Fahrtzeit: 4:21 Stunden

Zelt am Meer, davor liegen Fahrradtaschen
Zelten direkt am Meer

Etappe 2, Samstag: Durch Regen und Kunst – Helsingborg bis Höganäs

Der Wind rüttelt am Zelt, davon wache ich auf. Das Toilettenhäuschen nebenan ist geöffnet und wird gerade frisch geputzt. Bei Sonnenschein sieht alles wunderbar aus. M. ist schon wach, er hat Tee gekocht und überlegt, ins Meer zu gehen. Wie die Frau, die mit dem Rad in Gummistiefeln und Bademantel ankommt, das Rad und die Gummistiefel beim Unterstand abstellt, den Steg entlang über das Wasser schreitet, am Ende angekommen ihren Bademantel auszieht, ihn ans Geländer knotet und nackt über die Leiter ohne zu zögern ins eisige Meer steigt, als sei das ihre Badewanne.

Frauen auf einem Badesteg in Schweden am Kattegattleden
Wisst Ihr, wie kalt das Wasser ist? Schwedinnen scheinen unempfindlich zu sein


Ich halte mich am heißen Tee fest, M. wird allein beim Anblick der Nixe etwas wärmer. Allerdings trägt er auch alle kuscheligen Sachen, die er dabeihat, übereinander.
Als wir losfahren wollen, beginnt es zu regnen. Regenjacken und Rainlegs anziehen. Wir radeln nach Helsingborg und drehen auf der Suche nach der Touristeninformation ein paar Runden durch die Stadt. Das dauert, denn die Beschilderung ist verwirrend. Am Ende entpuppt sich die Touristinfo nur als eine Multimediastation mit einem gegelten Typen, der auf dem Unterarm ein Landkarten-Tattoo trägt und verkündet, alle Informationen zum Kattegattleden gebe es nur im Internet. Kattegattleden.se – so weit war ich auch schon. Keine Karte auf Papier, falls das Smartphone mal ausfällt. Okay, immerhin ist der Weg ausgeschildert: schwedisch-rote Schilder mit einem Fahrradsymbol und der Bezeichnung „Kattegattleden“.

Strandpromenade in Helsingborg

Sehr schön ist die Strandpromenade in Helsingborg, noch schöner wäre sie, wenn es nicht regnen würde. Dann könnten wir Pause machen, uns auf einem der hölzernen Liegemöbel räkeln oder im weißen Sand oder, wenn es auch noch Abend wäre, bei „Sillen & Makrillen“ einkehren und den Sonnenuntergang genießen. Immerhin ist es schön leer. M. will auch gar keine Pause machen, sondern Strecke machen. Der ganze Weg liegt schließlich noch vor uns – und wir müssen am Mittwochabend die Fähre ab Göteborg erwischen. Durch das Hafenfest in Viken schieben wir, es spielt eine bayerisch anmutende Blaskapelle in schwedischen Uniformen.

Schlemmen in der ehemaligen Keramikfabrik

Im Regen erreichen wir Höganäs – und finden die Höganäs Salthallarna. Der Parkplatz ist voll, aber wir schließen die Räder an einem Baum an. Die Markthalle ist ein Tipp von visitsweden.de: Eine alte Keramikfabrik, die nun in entzückender Schwedischkeit prangt. Ein Feinkostsupermarkt mit wuseligem Marktcharakter, lauter kleine Designgeschäfte, in denen fast alles handgemacht aussieht und natürlich der Verkaufsraum der Manufaktur für salzglasiertes Steingut. Das wurde früher in genau diesen Öfen der Fabrik gebrannt, tagelang. Jetzt sind diese Öfen zu begehbaren Räumen umfunktioniert, gebrannt wird woanders, moderner. Einer der Öfen ist mit einer großen Platte abgedichtet und trägt das Buffet des Restaurants im ersten Stock. Wir sind hungrig (es gab kein Frühstück) und buchen uns zum „Sommarbrunch“ ein: tolle Salate, kerniger Bulgur, extravagantes langes schmales Knäckebrot, Roastbeef, Fischröllchen, frisch gebackene Pizza. Und kleine, sehr kompakte Desserts: geballte Kalorien in Form von Meringuetörtchen mit Passionsfruchtfüllung und winzigen Kokosbrownies. Dazu Tee und Kaffee.

Häganas Saluhall auf dem Kattegattleden in Schweden

Höganäs Salthallarna
Brunch!

Höganäs Salthallarna
Jetzt was Süßes!

Meringuetörtchen


Satt und zufrieden starten wir wieder – gemeinsam mit dem Regen. Zwischen Kamillenfeldern und ihrem vertraut friedlichem Duft hindurch radeln wir Richtung Mölle. Dort regnet es stärker, wir stellen uns am Hafen unter. Die Stadt erhebt sich über dem Meer, die weißen Häuser sehen eindrucksvoll nach Seebad aus. In der kurzen Pause verliert mein Hinterrad Luft, ich habe einen Platten. M. packt sein Werkzeug aus und wechselt den Schlauch. Als er damit fertig ist, hat es aufgehört zu regnen. Für eine nähere Mölle-Besichtigung ist nun keine Zeit mehr.

Nimis – Kunst erkraxeln

Weiter in Richtung Nimis: dieses Kunstprojekt in der Mikro-Nation „Ladonia“ liegt nicht direkt am Kattegattleden und wird in den offiziellen Tourismus-Prospekten und auf den Ausschilderungen eher nicht erwähnt. Eine Art Turmstadt am Meer soll es sein, eine gigantische Skulptur in unzugänglichem Gelände, die lange Zeit nicht von den Behörden entdeckt wurde. Zwischendurch wurde es von Beuys gekauft, dann von Christo übernommen. Abgebrannt ist es auch mal. Durch schlammigen Wald schieben wir bergauf über Baumwurzeln. Das ist anstrengend. Der Wind weht die Tropfen von den Bäumen. An einem Wegweiser (der auf alles Mögliche hinweist, auch auf lebensgefährliche Abstürze, nur nicht auf Nimis und Ladonia) schließen wir unsere Räder an. Mit Gepäck und vollem Vertrauen, dass es nachher auch noch da sein wird, gehen wir weiter zu Fuß.

Eigene Welt
Nimis in Ladonia

Kunst am Meer
Nimis

An einem Baum ist ein großes N gemalt – ein erster Hinweis, dem wir folgen. Wir kraxeln über Felsen, die Steilküste deutet sich durch die Blätter an. Dann: Nimis! Ein wirres Gebilde aus Holz, roh zusammengezimmert, doch es fügt sich zu engen Gängen, die in spitzen Türmen münden. Ein ganz langsamer Vergnügungspark, durch den wir uns Schritt für Schritt vorsichtig hindurchzwängen. Am Meer klettern wir über Steine, um noch einen besseren Blick auf die rauen, aber filigran wirkenden Gebilde zu bekommen. Die Sonne scheint, ein wunderbarer Gegenlichtmoment. Der Rückweg ist viel entspannter und die Räder und das Gepäck sind auch noch da.

Kunst zum Kraxeln
Nimis, ein ganz spezieller Vergnügungspark

Pause
mit Nimis im Hintergund

Wasser? Gibt’s bei der Kirche

Zurück auf dem Kattegattleden sind einige Höhenmeter zu überwinden und auch auf dem Radweg geht es auf und ab. An der Küste entlang, zwischen üppigen Getreidefeldern kurz vor der Ernte hindurch und immer wieder durch kleine Orte. Wunderschön – aber nirgendwo ist ein Supermarkt, ein Kiosk oder wenigstens eine Kirche, bei der wir frisches Trinkwasser zapfen können. Unsere Wasservorräte sind bei Rekekroken aufgebraucht. Auf einem Schild mit einer Übersicht für einen Wanderweg sind allerdings die nächsten Ortschaften mitsamt Infrastruktur eingezeichnet: in Jonstorp soll es Trinkwasser und sogar einen Supermarkt geben. Richtig: nach ca. 2 Kilometern halten wir an einer Kirche mit Sanitärhäuschen und Wasserhähnen, ein paar hundert Meter weiter liegt auch ein Supermarkt. Der hat zu, denn es ist Samstagabend, 20 Uhr – aber er öffnet sonntags von 8-19 Uhr.

Kirche in Westschweden, davor Fahrräder mit Packtaschen
Schönes und Nützliches verbinden: Bei einer Kirche gibt es meist auch einen Wasserhahn – für Trinkwasser


Wir radeln weiter, Richtung Meer, vorbei an Bauplätzen, bei denen schon die Straßen und Straßenlaternen drumherum fix und fertig sind. Vorbei an einem Naturschutzgebiet, hinein in ein Wäldchen und zu einem Badeplatz mit Steg, Bänken, einem Toilettenhäuschen und einer großen Wiese. Brillanter Blick. Zwei Zelte fügen sich schon unauffällig in die Landschaft ein. Wieder wunderbare Gegenlichtmomente. Noch nie sah M. beim Zeltaufbau dekorativer aus.

Kilometer: 66,8
Höhenmeter: 450
Fahrtzeit (und Fußweg nach Nimis): 5:01 Stunden

Etappe 3, Sonntag: Saunagenuss und Camping am Meer – Höganäs bis Varberg

Wir fahren bis Ängelholm. Dunkle Wolken ziehen auf, es wird finster. Aber da ist ein Bahnhof. Und eine gute Idee. 350 Kilometer Radweg hält der Kattegattleden noch für uns bereit, aber wir kürzen ab und nehmen den Zug bis nach Varberg. 400 SEK (40 Euro) für zwei Erwachsene, das ist bezahlbarer Luxus. Fahrrad-Tickets brauchen wir nicht, denn wir haben ja Falträder. Und der freundlichen Schaffnerin reicht es, zu sehen, dass es Falträder sind – zusammenklappen müssen wir sie gar nicht, selbst das Gepäck kann dran bleiben. Im Fahrradabteil ist genug Platz. Angenehmer Nebeneffekt: Wir lassen den hügeligen Teil der Strecke weg.

Die Freundin von Welt mit bepackten Fahrrädern in Regenkleidung vor dem Kaltbadehuset in Varberg
Durch den Regen zum Kaltbadehaus nach Varberg


Im Kaltbadehaus

Ein schönes „Kallbadhuset“ (Kaltbadehaus) soll es in Varberg geben. Es ist leicht zu finden: Zum einen ist es ausgeschildert, zum anderen stehen viele Touristen davor, die Selfies schießen. Ein langer Steg führt in die Bucht, gerahmt von einem weißen Geländer, am Ende thront auf Stelzen ein Zwiebeltürmchentraum aus Holz, in creme und weiß. Heiteres Juchzen scheint aus dem Inneren zu kommen. Drinnen ein kleines Café und getrennte Eingänge für „Damen“ und „Herren“, Eintritt: 70 SEK (7 Euro) pro Person.

Im Cafe des Kaltbadeuset in Varberg, auf dem Schild steht "For Damer"
“För Damer” – das ist die Tür zum Frauenbereich im Kaltbadehaus. Das Café ist für alle offen.

Ich gehe durch die „Damen“-Tür, um die Ecke, durch noch eine Tür und gelange über eine Art Innenhof (in der Mitte: das Meer) in eine Umkleide. Dort tummeln sich diverse nackte Damen, machen sich mit einem Lockenstab die Haare, blättern in Illustrierten und plaudern. Neben mir zieht sich eine rothaarige Finnin aus. Sie hat ein Schiffsteuerrad aufs Schulterblatt tätowiert und diverse weitere maritime Motive an verschiedenen Körperteilen, alles sehr fein gearbeitet. Gemeinsam versuchen wir, die schwedischen Schilder zu entziffern. Vor der Sauna duschen. In der Sauna keinen Alkohol trinken. Mehr erschließt sich uns nicht. Immerhin: das Kaltbadehaus ist kein Kaltbadehaus (der Teil kommt noch), sondern eine Sauna.

Die Sauna hat wunderbar große, orientalisch anmutende Fenster mit Meerblick. Hin und wieder dümpelt ein Boot vorbei, das kann ich sogar ohne Brille erkennen. Die Bänke sind voll, eine Frau liest in einem Taschenbuch, andere plaudern und trinken (hoffentlich keinen Alkohol). Nach der Sauna geht man in den Innenhof und dort über eine Treppe ins Meer. Das ist der Kaltbadeteil, schön blickdicht abgeschirmt vom Strand und vom Herrenbereich.

“You have to do it faster!”

Jetzt erklärt sich auch das Juchzen: das Meer ist eiskalt, man kann es unmöglich ohne Lautäußerung bezwingen. Ich zögere, als meine Füße das kalte Wasser erreichen. „You have to do it faster“, rät eine der älteren, geübteren Kallbadehuset-Besucherinnen und lässt sich an mir vorbei geschwind ins kalte Wasser gleiten. Ich schaffe es langsam, Zentimeter für Zentimeter, bis zur Hüfte. Angenehm erfrischend, niedliche kleine Fische sausen um mich herum. Dann bloß schnell wieder raus. Am Rand sitzt die Finnin auf einer Bank, sie geht gar nicht ins Meer. Machen wahre Saunaprofis das so? Sie schüttelt den Kopf und grinst: „In Finnland bin ich ein Witz: In der Sauna ist es mir zu heiß und im Wasser zu kalt.“ Sie ist seit gestern in Varberg, im frühen Morgengrauen mit dem Segelboot eingelaufen, und da war dieses rätselhafte Gebäude, wie von einem anderen Stern. „Das musste ich einfach näher sehen“, sagt sie.

Kaltbadehaus in Varberg
Eigenwillige Schönheit im Meer: Das Kaltbadehaus auf Stelzen, mit Zwiebeltürmchen


Um Viertel nach sechs, nach zwei Stunden in Sauna und Meer und dazwischen, gehe ich raus und vorne ins Café. Dort sitzt schon M., frisch aber liederlich rasiert, und wundert sich, wo ich denn bleibe. Wir teilen uns eine heiße, frisch gebackene Waffel mit Erdbeermarmelade und Sahne.

Margeriten vor Kornfeld

Zeltplatz finden

Zurück zu unseren Rädern (Gepäck: alles noch dran) und ein paar Kringel durch Varberg. An einem überraschend großen ICA-Supermarkt halten wir an, nehmen Smoothies, Salat und freies WLAN mit und machen uns dann auf dem Weg zum Meer. Dort will M., so sein eigener Anspruch, einen Zeltplatz finden, der mindestens ebenso schön ist wie der letzte. Wir verlassen den Radweg, um auf eine Halbinsel zu radeln. Dort ist es schön, aber alles ist entweder privat (Ferienhäuser) oder Naturschutzgebiet (Zelten ausdrücklich verboten!). Als Alternative gibt es einen wirklich öde aussehenden Campingplatz, aber das ist indiskutabel.

Ich bin erschöpft von der Sauna und würde auch neben einem entzückenden kleinen Fußballplatz campen, mit Tisch und Bänken fürs Picknick, aber M. macht sich allein weiter auf die Suche und findet den perfekten Platz: dicht vor einem eingezäunten Naturschutzgebiet – zwischen Zaun und Picknickplatz – passt genau unser kleines Zelt. Beim abendlichen Tee geht der Blick über Felsen, Heidekraut und Schafe bis zum Meer. Die Küste sieht hier ganz anders aus. Keine lieblichen Sandstrände mehr, sondern wuchtige Felsen, sanft abgeschliffen von Gletschern und vom Wasser. Ein von der Natur elegant angelegter Steingarten. Und zum Einschlafen blöken die Schafe.

Freundin von Welt mir Rad am Picknickplatz im Gegenlicht
Picknick- und Zeltplatz direkt am Naturschutzgebiet (aber jenseits des Zaunes)

Etappe 4, Montag: Über Golfplätze und Naturreservate – Varberg bis Kungsbacka

Das Naturschutzgebiet ist toll: Heide am Meer, dazwischen Felsen, niedrige Wacholderbüsche, Schafe, Gänse, jede Menge andere Vögel. Auf dem Parkplatz steht ein Wohnmobil, daraus entsteigt ein Paar mit einem gigantisch großen Fernglas. Das war es dann mit der Privatsphäre, liebes Federvieh!

Rätselhaft schöne Wegführung

Als wir nach dem Frühstück aufbrechen, ahnen wir noch nicht, dass dies unsere Top-Tagesetappe wird, mit 84 Kilometern. Und das auf dem kleinen Pony Bike Friday. Die Wegführung ist rätselhaft, aber schön: kreuz und quer auf kleinen Straßen zwischen Feldern hindurch. Bei Asa leuchtet uns das Meer türkis entgegen. Badestopp! Wir halten auch noch an einer Bäckerei („Hembageri“) in Asa und kaufen Zimtschnecken mit Kardamom.
Schloss Tjöholmen verpassen wir, das ist nicht gut ausgeschildert und es liegt auch nicht direkt am Radweg. Eine vernünftige Karte haben wir ja nicht. Dafür gibt es bei Fjäras Bäcka einen tollen Blick: links das Meer, rechts ein See. Und jede Menge Picknickplätze am Wegrand. Wir wählen einen neben einer Pferdeweide und werden von den „Hästar“ neugierig beäugt.

Freundin von Welt mit Fahrrädern und Fahrradhelm am Picknickplatz in Schweden
Picknicktplatz! Pausen sind sooo wichtig!

Kurz darauf ist der Radweg gesperrt, eine Umleitung ist nicht ausgeschildert. Wir fahren nach der Komoot-App entlang der stark befahrenen Landstraße. Jetzt erschließt sich auch das komplizierte, aber viel schönere Routing des eigentlichen Radweges.

Frau von hinten auf Radreise in Schweden
Hier geht es an einer großn Straße entlang. Das ist auf dem Kattegattleden aber eher selten.


Auf dem Marktplatz in Kungsbacka endet die offizielle Etappe. Bei der Tourist Info gibt es Free WiFi und einen Übernachtungstipp: Rörviks Camping, Onsala. Wir folgen dem Radweg auf die Halbinsel Onsala – neben uns auf der Straße unglaublich viele Autos. Feierabendverkehr? Wohnen die alle dort? Oder wollen die nur mal schnell ans Meer? Die Halbinsel scheint mächtig besiedelt zu sein. Die Seemannskirche im Ort ist leider schon geschlossen, ebenso wie das Seefahrtsmuseum.
An Gottskärka fahren wir vorbei, dort verpassen wir die weltberühmte Himbeertorte, die auf der Homepage des Kattegattleden gepriesen wird. Aber wer isst schon um 20 Uhr Himbeertorte? Nach Wildlagerplätzen sieht es hier nicht aus – alles Landwirtschaft oder privat.

Camping, Kühe und ein besonders schöner Badeplatz

Also zum Campingplatz Rörvik. Der ist sehr friedlich: keine Pommesbude, kein Minigolf und die vielen Dauercamper scheinen sehr zurückgezogen Ferien zu machen. Einzige Attraktion ist der Hubschrauberrundflug, der für morgen um 13 Uhr angeboten wird. Ein älterer Herr kommt zur Rezeption, er vertritt seine Tochter. „Wenn die nicht da ist, bin ich der Chef“, lächelt er. In seinem Stoffbeutel trägt er ein Kartenlesegerät mit sich herum, Schweden ist auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft – auch auf einem Campingplatz fast in der Wildnis. „Seit es den Kattegattleden gibt“, erzählt er, „kommen hier viel mehr Deutsche her.“ Er zeigt in Richtung der Zeltwiese. Drei Zelte stehen dort schon. Das sind also viele.

Kuh

Was guckst du?
Schwedische Kuh

Auf Empfang
Kühe, Radarschüsseln und irgendwo ist ein Badeplatz

Kühe
Schöner Badeplatz in Schweden
Sanfte Felsen bis zum Wasser

Einen Badeplatz gibt es auch, verrät er uns, ungefähr 1500 Meter entfernt. Mit freundlichen Kühen. Die stehen unter Sendemasten und vor gigantischen Satellitenschüsseln des schwedischen Militärs. Fotografieren verboten! Gut, dass wir nur die Kühe geknipst haben. Hinter den Kühen liegt ein grandioser Badeplatz für M., ich nehme mit meiner Teekanne auf den großen, glatt geschliffenen Felsen Platz und bin froh, dass ich die Fleecejacke druntergezogen habe. Und die Regenjacke drüber, denn es ist windig und beginnt zu regnen. Sofort gibt es zum Trost einen Regenbogen. Was will man mehr – außer vielleicht ins Trockene und etwas Pasta? Aber auch das geht, dank der Kochgelegenheit in Rörviks Camping. Zurückgelegte Tageskilometer: 84. Erwähnte ich das bereits?

Kilometer: 84,3
Höhenmeter: 470
Fahrtzeit: 5:38 Stunden

Radreise auf dem Kattegattleden in Schweden, zwei Fahrräder an einem felsigen Badeplatz
Badeplatz im Abendlicht. Die Falträder warten geduldig.

Etappe 5, Dienstag: Auf dem Weg nach Göteborg – Kungsbacka bis Göteborg

Auf nach „Jötteburja“, nach Göteborg, zweitgrößte Stadt Schwedens und letzte Etappe des Kattegattleden. Wir verlassen die eine Halbinsel, um gleich darauf auf die nächste zuzusteuern: Sarö, einst Königskurort und Sommerfrische für die Reichen und Adligen. Der Weg dorthin führt stilecht und standesgemäß über Golfplätze. Sehr belebte Golfplätze. Ich bin froh, dass ich einen Helm trage, so viele Bälle fliegen durch die Luft.

Rotes Haus in Schweden am Kattegattleden

Schwedenhaus
Historisches Lagerhaus am Wegesrand

Praktisch
Die Steinplatte hält Mäuse und Ratten ab

Steinplatte Detail vom roten Schwedenhaus

Vorbei an einem historischen Lagerhaus, das auf Pfeilern steht (wieder aufgebaut vom Golfclub, natürlich), in ein Naturreservat. Durch einen urigen Märchenwald (oder einen märchenhaften Urwald) geht es zu einem weiteren perfekten Badeplatz. Die Sonne scheint, die großen Steine sind rund und bequem, wir haben ein Picknick dabei, es ist noch reichlich Tee in der Kanne. Ich ziehe sogar meine Blundstones und die Wollsocken aus. Das bedeutet: es ist Sommer!

Freundin von Welt auf Radreise auf dem Kattegattleden in Schweden, Pause am Meer auf einem Felsen
Die Sonne scheint! Gleich ziehe ich Schuhe und Socken aus – dann ist Sommer!

Auf Hotelsuche in Göteborg

Kattegattleden Schweden: Ziel in Göteborg, Freundin von Welt mit Falträdern vor dem Konstmuseum
Vor dem Konstmuseum in Göteborg

Ein norwegisches Paar spricht uns auf die Fahrräder an und fotografiert uns. Falträder mit Gepäck, das ist selten. Ein Hotel vermittelt uns die Touristinfo: Das Hotel Royal liegt nur ein paar Schritte entfernt. Der dezent graublau gestrichene Bau ist das älteste Hotel der Stadt. Die freundliche Dame an der Rezeption schließt uns den Innenhof auf, dort parken wir die Räder. Vorbei an der Tee- und Kuchenstation geht es durch ein stilvolles, etwas knarziges Treppenhaus ins Zimmer mit Fischgratparkett. Mit einer Dusche und frischem Outfit bereiten wir uns auf den Wiedereintritt in die Zivilisation vor. In der Lobby planen wir bei Kaffee und Chai den Abend. Meine Göteborg-Tipps bekommen einen eigenen Blog-Eintrag.

Kilometer: 62,2
Höhenmeter: 360
Fahrtzeit: 4:45 Stunden

Göteborg Straße

Göteborg
Zimtschneckenhochburg: das Stadtviertel Haga

Göteborg
Im “Konstmuseum”

Göteborg Konstmuseum innen

Etappe 6, Mittwoch: Abschied von Schweden – Göteborg bis Kiel

Abreise mit der Fähre: Die „Germanica“ der Stena Line bringt uns von Göteborg nach Kiel. Die Fahrräder haben einen eigenen kleinen Fahrradraum, wir eine Innenkabine mit Etagenbetten. Eine Kreuzfahrt ist etwas ganz anderes! Aber die Ausfahrt durch den Schärengarten bietet tolle Ausblicke. Da wollen wir das nächste Mal hin: Inselhopping, natürlich wieder mit dem Faltrad.

Rückfahrt vom Kattegattleden Schweden mit der Fähre

Auf die Fähre
Mit dem Schiff von Göteborg nach Kiel

Kleine Inseln
Mit der Fähre durch den Schärengarten

Rückfahrt vom Kattegattleden Schweden: Blich von der Fähre auf den Schärengarten

Die Route

Landkarte, Kattegattleden Schweden eingezeichnet

Die Karte
Seht Ihr die pinke Linie? Das ist so ungefähr die Route des Kattegattleden – immer am Meer entlang, etwa 390 gut ausgeschilderte Kilometer

Weitere Informationen über den Kattegattleden:

Maritimes Radeln auf dem Kattegattleden von Visit Sweden
Alles über den Kattegattleden auf kattegattleden.se/de

Immer in Meeresnähe verläuft der 390 Kilometer lange Radwanderweg Kattegatleden im Südwesten Schwedens. Die Strecke verbindet die beiden Städte Helsingborg und Göteborg über insgesamt acht Etappen. Der Kattegatleden ist der erste nationale Radwanderweg von Schweden und wurde nach dem Meeresgebiet Kattegat benannt. Auf der Route durch die Provinzen Skåne, Halland und Bohuslän erschließen wir uns urige Fischerdörfer, einsame Küstenabschnitte und Weidelandschaften.

Kattegatteleden Schweden mit dem Rad am Meer entlang

Meerblick
Der Kattegattleden führt oft direkt am Meer entlang

Badestopp
Schöne Strände, kaltes Wasser

Kattegattleden Schweden Badeplatz am Meer
Kattegattleden Schweden alte Windmühle

Windmühle
Diese hier hat ihre Flügel eingebüßt

Stilleben
Alte Scheune, altes Boot

Kattegattleden Schweden Scheune und Boot

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