Backfisch-Legende in Hamburg: die Veddeler Fischgaststätte

Backfisch mit zwei Gabeln: Ein Liebesbrief an die Veddeler Fischgaststätte in Hamburg

Liebe Freundin von Welt,

manchmal stolpert man in Hamburg über Orte, die sich anfühlen wie eine Postkarte aus einer anderen Zeit – nur mit warmem Kartoffelsalat. Die Veddeler Fischgaststätte ist so ein Ort. Eingeklemmt zwischen Autobahn, Gleisen und Hafenwind steht ein unscheinbarer Flachbau, der seit 1932 Backfisch zur Hauptsache erklärt.

Drinnen riecht es nach Geschichte, nach Fett (im besten Sinne) und nach etwas, das man „ungebrochene Authentizität“ nennen könnte, wenn man so reden wollte. Ich nenne es lieber: echt.

Ich suche nach einem Messer – finde keins. „Wir essen unseren Fisch mit zwei Gabeln“, sagt Inhaber Christian Butzke und drückt mir lächelnd eine zweite in die Hand.

Deine Kirsten, Freundin von Welt

Teller mit Backfisch, daneben zwei Gabeln

Zwei Gabeln

weil Fischmesser Luxus waren

Tradition

seit 1932 wird hier Fisch gebraten

in der Veddeler Fischgaststätte

Zwei Gabeln, ein Kultlokal – Hamburgs älteste Fischgaststätte

Die Geschichte beginnt mit Louis Matthes, der 1932 in der Tunnelstraße 33 eine Fischgaststätte eröffnet. Als Hamburg 1943 brennt, machen die Veddeler Kaufleute in Holzbaracken weiter – der heutige Gastraum ist so eine pragmatische Schönheit. Man sieht es ihm an: die Patina erzählt, die Lampen aus den Fünfzigern nicken still. 1962 steht das Wasser zwei Meter hoch, eine Markierung an der Säule erinnert daran. Und trotzdem: „Es muss weitergehen.“ Tut es. Immer.

Der Ofen ist über 100 Jahre alt, stammt ursprünglich aus den 1920ern von „Daniel Wischer“, der legendären Hamburger Fischadresse.
Die Veddeler Fischgaststätte ist nie nur Speiselokal gewesen. Sie war Ballsaal, Treffpunkt, Hafen für Hafenarbeiter, Trucker, Zollpolizei, Blaumann neben Schlipsträger. Wer hier sitzt, isst nicht allein. Man rückt zusammen. Auch sprachlich: Baby (sprich: „Beeeebi“) heißt die kleinste Portion Backfisch, und sie ist hanseatisches Understatement für „danach brauchst du zwölf Stunden nichts“.

Oh Schreck: der Abriss droht!

2015 übernimmt Christians Mutter die Gaststätte. Als sie in Rente gehen will, sucht Christian einen Käufer – und stutzt. „Was mache ich hier eigentlich? So ein Juwel gibt man nicht aus der Hand.“ Also kündigen Christian und seine Frau Olivia ihre Jobs in Berlin, ziehen nach Hamburg und starten am 1. April 2021 neu durch. Kein Aprilscherz, sondern eine Liebeserklärung an ein Original.

Dann der Schreck: Im Oktober 2021 liest die Familie in der Zeitung von einem Senatsbeschluss, der den Abriss plane. Es folgt, was in Hamburg zu selten und hier genau richtig passiert: ein Sturm der Zuneigung. Stammgäste, Nachbarn, Hafenromantiker unterschreiben die Petition, politischer Druck baut sich auf – und im Juni 2022 heißt es offiziell: Die Veddeler Fischgaststätte bleibt. Am angestammten Ort. Mit dem Ofen.

auf dem Resopaltisch der Veddeler Fischgaststätte steht ein Teller mit Backfisch und Kartoffelsalat

Resopaltischromantik

50er-Jahre-Feeling

Hamburger Original

Die Bude hat Stil

Blick in die Gaststub der Veddeler Fischgaststätte

Wo Hamburg noch echt ist: Die Veddel und ihr Backfisch

Die Speisekarte ist kurz. Beruhigend kurz.
• Backfisch in verschiedenen Größen (Baby, mittel, groß), goldgelb, außen knusprig, innen zart.
• Kartoffelsalat (jeden Morgen frisch), Gurkensalat (dito).
• saure Heringe, Fischfrikadellen, Scholle. Und, ach ja, Pommes.

Mehr braucht es nicht. Qualität und Quantität stimmen. Der Gurkensalat knackt, der Seelachs gibt nach, die Panade hält, was sie verspricht. Geheimnis? „Die Temperatur des Fettes“, sagt man hier und lächelt wie jemand, der zu Recht nichts weiter verrät.

Warum hier mit zwei Gabeln gegessen wird

Nach dem Krieg waren Fischmesser rar und teuer. Also kaufte man Gabeln. Aus Mangel wurde Manier, aus Pragmatik ein Ritual. Heute ist die Zwei-Gabeln-Regel mehr als Schrulle. Sie ist Erinnerung an die Generationen, die aus wenig viel gemacht haben. Und damit passt sie perfekt zu diesem Ort, der die Würde des Einfachen pflegt.

Tafel mit Karte der Veddeler Fischgaststätte

Kleine Karte

großes Glück – für Backfischliebhaber

Backfischliebe

Goldbraun, knusprig und ganz bestimmt kein Diätessen

Teller mit Backfisch und Kartoffelsalat, daneben zwei Gabeln

Die Veddeler Fischgaststätte heute – lebendig, unverwüstlich

Die Inneneinrichtung: Fünfziger-Jahre-Lampen, Schiffsbilder, ein Daddelautomat, Resopaltische, messingtönender Garderobenständer. Draußen: ein Sommergarten, der bei Sonne Strandkorb-Feeling aufklappt – Veddeler Insel-Urlaub.

Die Veddeler Fischgaststätte hat Bombennächte, Hochwasser, Baupläne und Behörden überstanden. Heute führen Olivia und Christian Butzke den Laden mit Sohn Jonas – der seinerseits schon ankündigt, in ein paar Jahren zu übernehmen. Das ist die schönste Pointe dieser Geschichte: Hier bleibt alles so, wie es war und ist. Nicht aus Sturheit. Aus Liebe. Backfisch forever. Und mit zwei Gabeln, bitte.

Gut zu wissen – Informationen über die Veddeler Fischgaststätte

• Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11:00–17:45 Uhr. Wochenende und Feiertage: geschlossen.
• Adresse: Tunnelstraße 70, 20539 Hamburg. (Fürs Navi: „Bahndamm 70“ kann Wunder wirken.)
• Anreise: Mit der S-Bahn bis Elbbrücken oder Veddel
• Es kann voll werden. Ab 11 Uhr bilden sich gern kleine Prozessionen hungriger Menschen. Das ist normal. Und ein gutes Zeichen.
• Die Speisekarte ist begrenzt. Man sollte Fisch mögen.

Mehr Informationen: veddeler-fischgaststaette.de

Aschenbecher mit historischem Foto der Veddeler Fischgaststätte
Garderobe der Veddeler Fischgaststätte
Tür der Veddeler Fischgaststätte mit Plakette "Kiek mal wedder in"

FAQ – Veddeler Fischgaststätte

Wo liegt die Veddeler Fischgaststätte?

Mitten im Hamburger Hafen, genauer: Tunnelstraße 70, 20539 Hamburg-Veddel – zwischen Bahndamm, Elbbrücken und einer Prise Nostalgie. Wer mit dem Navi kommt, sollte besser „Bahndamm 70“ eingeben, sonst landet er womöglich in der nächsten Baustelle. Zu Fuß von den S-Bahn-Stationen Elbbrücken oder Veddel ist es nur ein kurzer Spaziergang.

Seit wann gibt es die Veddeler Fischgaststätte?

Seit 1932 – also fast ein Jahrhundert. Gegründet von Louis Matthes, überstand sie Bombennächte, Sturmfluten und Stadtplanungsfantasien. Heute führt Familie Butzke den Traditionsbetrieb in dritter Generation.

Was macht den Backfisch so besonders?

Die Panade. Und das Fett. Und dieser uralte Ofen, der seit den 1920ern durchhält. Hier schmeckt der Backfisch, als hätte er nie etwas anderes tun wollen, als goldbraun zu knuspern. Dazu: hausgemachter Kartoffel- oder Gurkensalat.

Warum isst man in der Veddeler Fischgaststätte mit zwei Gabeln?

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Fischmesser zu teuer – also nahm man zwei Gabeln. Aus Mangel wurde Manier, aus Manier Tradition. Heute ist das das inoffizielle Wahrzeichen des Hauses.

Wer führt die Veddeler Fischgaststätte heute?

Seit April 2021 betreiben Olivia und Christian Butzke die Fischgaststätte gemeinsam mit Sohn Jonas, der schon jetzt als Nachfolger in den Startlöchern steht. Eine Familie mit Rückgrat, Humor und viel Fett in der Pfanne – im besten Sinne.

Was steht auf der Speisekarte?

Kurz und knackig:
• Backfisch in drei Größen („Baby“, „mittel“, „groß“)
• Brathering
• Fischfrikadellen
• Kartoffel- und Gurkensalat

Wann hat die Veddeler Fischgaststätte geöffnet?

Montag bis Freitag: 11:00 – 17:45 Uhr
Samstag, Sonntag & Feiertage: geschlossen.
Tipp: Wer pünktlich zur Mittagspause kommt, steht garantiert nicht allein in der Schlange.

Kann man hier draußen sitzen?

Ja! Neben der Gaststätte gibt es einen kleinen Sommergarten – mit Sand, Palmenfeeling und Blick auf vorbeiziehende Züge. Ein Mini-Inselurlaub auf der Veddel.

Ein Mann am Tisch in der Veddeler Fischgaststätte

Den Tipp zur Veddeler Fischgastätte habe ich übrigens von meinem Vater bekommen. Danke, Papa!

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