Liebe Freundinnen von Welt,
hier teile ich mit Euch meine Vorbereitungen zum traditionellen Neujahrsspaziergang. Thema 2024: Konkurs ins neue Jahr. Und stelle fest: Es betrifft nicht nur den Elbtower. An mehreren Orten in der Hamburger Innenstadt stehen Immobilien, die zum Portfolio des von René Benko gegründeten Imperiums Signa gehören. Ein Spaziergang zu Baustellen und vollmundigen Versprechen an Bauzäunen. Kommt Ihr mit?
Eure Kirsten, Freundin von Welt
Inhaltsverzeichnis
- Die Flüggerhöfe
- Kaufmannshaus
- Gänsemarkt-Passage
- Alsterhaus
- Alsterarkaden
- Sport Scheck
- Karstadt Mönckebergstraße
- Außer der Reihe: Galeria Kaufhof Mönckebergstraße
- Elbtower
- Neueste Blogbeiträge:
Die Flüggerhöfe
Die Flüggerhöfe am Rödingsmarkt bestehen aus vier Gebäuden aus den Jahren 1888, 1908 und 1937. Das von der Firma Flügger 1908 errichtete Kontorhaus (das Flüggerhaus) am Rödingsmarkt ist denkmalgeschützt. Hinterhaus und Dachstuhl brannten im 2. Weltkrieg ab. Gerade läuft (oder auch nicht) die Restaurierung durch die Signa Holding, die Fertigstellung ist für Mitte 2024 geplant. Oder auch nicht. Das Plakat am Bauzaun verspricht: “Ein Ensemble. Unendliche Möglichkeiten.” Oder auch nicht.
Adresse: Rödingsmarkt 19, 20459 Hamburg
Flüggerhöfe
Zum Teil denkmalgeschützter Kontorhaus-Komplex
Flüggerhöfe
Das Relief hat schon eins auf die Nase bekommen
Kaufmannshaus
„Modernes Shopping im Traditionshaus“ heißt es auf hamburg.de. Das Kaufmannshaus, ein Kontorhaus im hanseatischen Gründerzeitstil von 1905, wurde 2013 von einem New Yorker Architektenteam neu gestaltet. Der Laden- und Bürokomplex liegt zwischen den Straßen Große Bleichen, Bleichenfleet und Neuer Wall. 2017 kaufte die Signa Holding das Kaufmannshaus. Bezeichnend die Deko im Inneren der Passage: Ein bepflanzter Porsche. Soll das ein Symbol dafür sein, dass sich die Natur ihren Platz zurückerobert?
Adresse: Bleichenbrücke 10, 20354 Hamburg
Kaufmannshaus
Idee: Die Natur erobert sich ihren Platz zurück. Wäre das auch etwas für den Elbtower?
Kaufmannshaus
Kaufen Deichkind hier ein? Der Mantel lässt es vermuten.
Gänsemarkt-Passage
„Hamburgs City ist wunderschön und wird noch viel schöner.“ Das verspricht ein Plakat am Bauzaun, dort, wo bis zum Sommer 2022 die 1979 gebaute Gänsemarkt-Passage mit ihrer markanten tannengrünen Glasfassade stand. Zurzeit tut sich nichts in der Baugrube. Der Neubau sollte rund 17.000 Quadratmeter Platz bieten, fast zwei Drittel davon Büros. Im Herbst 2023 wurden die Bauarbeiten gestoppt, nachdem der Investor offenbar nicht genügend Mieter gewinnen konnte und die Banken daraufhin weitere Kredite verweigert hatten.
Der Denkmalverein Hamburg bedauerte den Abriss, er bewertete die „langjährige Traditionspassage“ als „ein hervorragendes Zeugnis postmoderner Architektur in Hamburg, von der bereits viele Beispiele überformt oder abgerissen wurden“.
Adresse: Gänsemarkt 50, 20354 Hamburg
Gänsemarkt
Versprechen am Bauzaun
Gänsemarkt-Passage
Das Haus neben der Baugrube soll auch Signa gehören
Alsterhaus
„Die Baukosten für das Warenhaus mit einem gehobenen Sortiment und anspruchsvoller Ausstattung wie Marmor und Kristalllüster betrugen 4½ Millionen Goldmark“, schreibt Wikipedia über das 1912 am Jungfernstieg eröffnete „Warenhaus Hermann Tietz“. 1933 wurde das Kaufhaus „arisiert“. Von 2003 bis 2005 wurde das Alsterhaus komplett umgebaut. Signa ist Miteigentümerin (49,9 Prozent), mehrheitlich gehört das Alsterhaus (Teil der KaDeWe-Gruppe) aber der thailändischen Central Group, dem größten Handelskonzern Asiens. Signa ist allerdings die Immobilieneigentümerin.
Adresse: Jungfernstieg 16-20, 20354 Hamburg
Alsterhaus
Prachtkaufhaus am Jungfernstieg
Alsterhaus
Schöner Schein: Das Warenhaus gehört zur KaDeWe-Gruppe
Alsterarkaden
Alexis de Chateauneuf (er gilt als einer der Pioniere in der Erneuerung der Backsteinarchitektur in Hamburg) entwarf den eleganten Arkadengang im italienischen Stil nach dem Großen Brand von 1842. Der ursprüngliche Anstrich soll ockergelb gewesen sein, erst später wurde der Bogengang weiß verputzt. Heute sind die Alsterarkaden Teil des Alsterwanderweges. Signa erwarb das Sahneschnittchen im Jahr 2017.
Alsterarkaden
Hier stand ich Instagrammerinnen im Weg
Alsterarkaden
Könnten auch mal wieder gestrichen werden
Sport Scheck
„Im Jahr 1946 schneiderte Otto Scheck in München aus alten Militärbeständen seine erste Kollektion für Winterkleidung und legte damit den Grundstein für das Unternehmen SportScheck“, heißt es auf Wikipedia. Ab 1988 übernahm die Otto-Gruppe, Ende 2019 kaufte Signa Retail das defizitäre Unternehmen. Sport Scheck meldete am 30.11.2023 Insolvenz an, ein neuer Eigentümer wird gesucht.
Adresse: Mönckebergstraße 18, 20095 Hamburg
Sale hoch drei
Ausverkaufsleuchten bei Sport Scheck
Shopping
Die Einkaufskörbe sind noch leer.
Karstadt Mönckebergstraße
Am 1. Oktober 1912 eröffnete Rudolf Karstadt sein erstes Großstadt-Warenhaus mit einem Vollsortiment auf einer Verkaufsfläche von 10.000 Quadratmetern – in der Mönckebergstraße. 2008 wurde das Haus umfangreich neugestaltet und zu einem der sogenannten „Weltstadthäuser“ aufgewertet. Noch bis Ende der 1970er Jahre konnte die Kundschaft auf dem Dach des Haupthauses parken. Nach der Insolvenz der Signa-Gruppe steht ein Verkauf der Kaufhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof im Raum.
Adresse: Mönckebergstraße 16, 20095 Hamburg
Karstadt Mönckebergtraße
Einkaufen im “Weltstadthaus”
Karstadt Mönckebergstraße
Wann gehen hier die Lichter aus?
Außer der Reihe: Galeria Kaufhof Mönckebergstraße
Der letzte Handelstag für die Galeria Kaufhof Filiale in der Mönckebergstraße sollte Samstag, der 17. Oktober 2020 sein. Doch bereits am Mittwochnachmittag davor war die Ware ausverkauft. Seitdem steht das denkmalgeschützte Neue Klöpperhaus (von 1913) meist leer, zwischendurch gab es eine Banksy-Ausstellung. Das vom Architekten Johann Friedrich Höger entworfene Klöpperhaus wurde 1913 für die Wollhandelsfirma Wilhelm Klöpper als Bürogebäude errichtet. Das Gebäude gehört dem US-Investor Tishman Speyer und dem Staatsfonds von Abu Dhabi – und passt damit gar nicht in dieses Thema.
Neues Klöpperhaus
Netze schützen die Fassade des leerstehenden Höger-Baus
Schaf
Welcher Immobilieninvestor hat da einen Bock geschossen?
Elbtower
Hey, Hamburg hat wieder eine Bauruine als Wahrzeichen! Hatten wir das nicht schon mal? Nun, mit der Elbphilharmonie nahm es ja ein erkleckliches Ende, die ist längst fertig und man kann dort zu sehr günstigen Preisen auf den oberen Rängen subventionierte Hochkultur genießen. Tipp: Rechtzeitig buchen und genug Zeit für den Weg vom Eingang des Gebäudes über die langsamste Rolltreppe der Welt und viele, viele Treppen bis zum Sitzplatz einplanen.
Aber zurück zum Elbtower: „Das neue Wahrzeichen Hamburgs“, jubeln noch mehrere Webseiten. Auf elbtower.de heißt es: „Mitten in Hamburg, direkt an der Elbe, entsteht das höchste Gebäude des Nordens. 64 Stockwerke, 245 Meter über dem Meer. Ein neuer Blick auf die Stadt für die Hamburger:Innen, Besucher:Innen und Unternehmen. Mit Weitsicht geplant: der Elbtower.“ 950 Millionen Euro sollte das Bauvorhaben kosten.
Brandende Welle
Okay, der Elbtower entsteht nicht „mitten in Hamburg“, sondern am Nordufer der Norderelbe, direkt an den Elbbrücken. Er markiert damit den Zugang zur Stadt und ist auch als Antipode zur Elbphilharmonie am anderen Ende der Hafencity gedacht. Das vom Büro des Stararchitekten David Chipperfield entworfene Hochhaus soll einer Meereswelle ähneln, die auf eine Wand brandet. Bislang brandet der Rohbau etwa 100 Meter hoch.
Die Baustelle des Elbtowers im Osten der Hafencity steht seit Oktober still. Es wird wohl nichts aus dem Hamburger Prestigeprojekt der von Milliardär René Benko aufgebauten und inzwischen gestrauchelten Signa-Gruppe.
Wie geht es weiter? „Die wahrscheinliche Variante ist nicht, dass jetzt fünf Jahre nichts passiert“, sagte Bürgermeister Tschentscher der Deutschen Presse-Agentur.
Es wird also erst mal nichts mit den Luxusbüros, der Aussichtsplattform und drei weiteren, öffentlich zugängliche Etagen mit Feinkostgeschäften, Galerien, Cafés und Bistros sowie Fitnessstudios und Wellnesscentern. Und einem Hotel. Nun, es ist ja nicht so, dass es in Hamburg an Büros mangelt.
„Die Stadt wird keine offenen Rechnungen übernehmen“, so Tschentscher.
Und die Baustelle bleibt ein Symbol – für Anmaßung.
Adresse: Zweibrückenstraße 13b, 20539 Hamburg
Elbtower
Verkehrsgünstig gelegen
Elbtower
Die Welle brandet nicht so richtig
Neueste Blogbeiträge:
- Im Labyrinth von Venedig: Calle, Campo, Sotoportego
- Reisen in China: Mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Beijing nach Hangzhou
- Wuppertal: Wunsch und Wirklichkeit
- Essen in China oder: Wie isst man Nudelsuppe mit Stäbchen?
- Taijiquan in China: Im Reich der Mitte zur eigenen Mitte
Schreibe einen Kommentar